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Mächtige Privatkonferenz

Auf das Medienspektakel von G7 folgt ein geheimes Treffen der Reichen und Einflussreichen in Österreich

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 3 Min.
Eliten aus Wirtschaft und Politik treffen sich ab Donnerstag auf der Bilderberg-Konferenz in Österreich. Fernab der Öffentlichkeit können dort weitreichende Entscheidungen getroffen werden.

Ein riesiger Musikdampfer zieht hell erleuchtet mit Humba-Täterä durch das Wasser, bestaunt vom Publikum am Ufer. Niemand sieht das dunkle Schiff im Kielwasser des großen Dampfers. Lautlos gleitet es durch die Wellen, die Decks sind verdunkelt. Der Musikdampfer, das war der G7-Gipfel; das dunkle Schiff ist die am Donnerstag in einem Nobelhotel in Telfs im österreichischen Tirol beginnende sogenannte Bilderberg-Konferenz. Das ist ein geheimes und privates Treffen der Mächtigen, Reichen und Einflussreichen. Während der G7-Spektakel für das Publikum gedacht war, ist die Bilderberg-Konferenz geheim. Kein Wunder, dass die Verschwörungstheorien blühen.

Nur rund 30 Kilometer liegt Telfs vom G7-Treffpunkt Schloss Elmau entfernt. Und wie nahe liegt doch der Gedanke, dass nach den publikumswirksamen Spielen nun in heimlicher Runde die wirklichen Entscheidungen getroffen werden. Ohne Belästigung durch demokratische Institutionen.

Doch zu den Fakten: Seit 1954 treffen sich hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Militär, Wirtschaft und Medien alljährlich an einem geheim gehaltenen Ort. Der Name der Konferenz geht zurück auf das erste Treffen im Hotel Bilderberg im holländischen Oosterbeck, auf der hohe Herren über die NATO und den Warschauer Pakt diskutierten. Die Bilderberg-Konferenz dauert drei Tage und ist ein privates Treffen von rund 120 Einflussreichen aus den USA und Europa zu einem Meinungsaustausch.

Kurz vor dem diesjährigen Treffen wurde die Teilnehmerliste veröffentlicht. Neben der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) werden dort auch Henry Kissinger, ein Strippenzieher der US-Politik, der Deutsche Bank-Chefaufseher Paul Achleitner, Siemens-Chef Joe Käser, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Rudolf Scholten, Chef der österreichischen Kontrollbank, teilnehmen. Scholten ist einer von den 26 Teilnehmern der Finanzbranche. Hinzu kommen schwergewichtige Unternehmen wie Google oder Goldmann Sachs, Vertreter der IT-Branche, der Geheimdienste, der Militärs. Es geht um Themen der Weltwirtschaft und der internationalen Beziehungen.

Das Selbstverständnis der Bilderberg-Konferenz liest sich so »Dank der privaten Natur der Konferenz sind die Teilnehmer nicht durch die Konventionen ihres Amtes gebunden (...) es gibt keine Protokolle und keinen Bericht, außerdem werden keine Resolutionen verabschiedet, nicht abgestimmt und keine politischen Erklärungen abgeben.«

Dazu meint der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring: »Bei dieser Konferenz gelten solche lästigen Konventionen (...) von vorn herein nicht. Praktisch. Man kann ganz ungeniert den hochvermögenden Vertretern von Goldman Sachs und Co. einen Wissensvorsprung verschaffen und dafür jede Menge Bauchpinselei oder die Aussicht auf einen späteren äußerst gut bezahlten Frühstücksdirektorenjob (...) erhalten.«

Für den Sozialwissenschaftler Hans Jürgen Krysmanski handelt es sich bei diesen angeblich privaten Treffs um die erfolgreiche Vernetzungen der Reichen: »Die gleiche Person sitzt im Aufsichtsrat der Citibank, der Metropolitan Oper, in der Trilateralen Kommission und der Guggenheim-Foundation und trifft auf Personen, die in ähnlichen Netzwerken zu Hause sind. Wenn zwei solche Leute sich treffen und an der Bar einen trinken, können auf informelle Weise weitreichende Entscheidungen fallen und Weichen gestellt werden.« Kein Wunder also, dass Verschwörungstheorien sich um die Bilderberg-Konferenzen ranken.

Ob Verschwörung oder nicht, eines ist klar: In Tirol formiert sich Widerstand. Eine überparteiliche Plattform, darunter die Tiroler Piratenpartei und Friedensgruppen, hat am Freitag in Innsbruck eine Alternativkonferenz organisiert und ruft am Samstag zu einer Demonstration gegen die Bilderberger auf. Geschützt wird das Geheimtreffen durch jede Menge Polizei und auf Kosten der Steuerzahler.

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