Jauchs Rederei

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Günther Jauch will nicht mehr. Vor Wochenfrist erklärte der Moderator, dass er seinen Vertrag mit dem NDR für seine sonntäglich Talksendung nicht mehr verlängern werde. Ende des Jahres wird also Schluss sein. Wie werden dann Menschen wie Volker Kauder, Wolfgang Bosbach, Ursula von der Leyen und Claudia Roth am Sonntagabend die Zeit verbringen? Vielleicht haben sie die Muße, sich anzuschauen, wie alles anfing im deutschen Fernsehen, damals im Jahre 1973, als Dietmar Schönherr vors Mikrofon trat und das neue Format, eine Talksendung mit dem Titel »Je später der Abend«, mit den Worten ankündigte: »Talk kommt von to talk, reden, das Ganze ist also eine Rederei«. Schönherrs Gäste waren Schauspieler, Sänger, Berühmtheiten, denen man zuhörte, weil man wusste, dass sie nichts zu sagen hatten. Das ist jetzt nicht wörtlich gemeint. Denn zu sagen hatte jemand wie Romy Schneider schon etwas - Lebensweisheiten, kleine Alltagsphilosophierereien - doch die Berühmtheiten hatten halt nicht wirklich zu bestimmen. Weshalb man ihnen auch gedankenlos zuhören konnte. Talk, das war Ablenkung, für Politik waren »Tagesschau« und »Monitor« zuständig.

Dann kamen die Politiker auf die Idee, sich in die Gästelisten drängen zu lassen, und das, was einst als seifiges Spiel, als belangloses Gerede über Nebensächlichkeiten geschmäht wurde, wurde wirklich genau das: banal, seifig, nebensächlich. Jeder Satz eines Politikers bei Jauch eine kalkulierte Nichtigkeit und eben genau das: Politik als Rederei. jam

Foto: dpa/Horst Ossinger

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