Aufstehen für Flüchtlinge

Pankower Willkommensnetzwerk startete Kampagne unter der Weltzeituhr

  • Josephine Schulz
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit prominenter Unterstützung rufen ehrenamtliche Flüchtlingshelfer auf, in Kurzclips ein Zeichen der Solidarität zu setzen

Olaf Schubert erklärt, wie es geht: »Man spürt den Schenkelaufbau, der Torso wird aktiviert, dann der ganze Rumpf und schon geht es los. Es folgt der Gesäßabhub.« In einem kurzen Videoclip ermutigt der Comedian die Zuschauer, aufzustehen. »Steht auf und setzt euch ein. Wenn ihr erst mal steht, dann werdet ihr den Rest ja wohl auch hinkriegen«.

Das Video ist Teil der Kampagne #aufstehen, die für Solidarität mit Flüchtlingen wirbt. Viele haben sich im Rahmen der Aktion schon aus dem Sitzen in die Senkrechte bewegt, darunter der Fußballclub FSV Hansa 07 aus Kreuzberg und die Schauspieler Benno Fürmann und Ulrike Frank. Initiiert wurde die Kampagne von dem Willkommensnetzwerk »Pankow hilft«. Die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer rufen dazu auf, in eigenen Kurzclips ein Zeichen für die Belange von Flüchtlingen zu setzen und unter dem Hashtag »aufstehen« in die sozialen Netzwerke zu laden.

Am Montag fand auf dem Alexanderplatz die Auftaktveranstaltung der Kampagne statt. Unter der Weltzeituhr wurden Flugzeugsitze aufgebaut. Flüchtlinge und Unterstützer animierten vorbeilaufende Passanten, sich zu setzen, aufzustehen und das Video ins Internet zu stellen. »Wir sind die Airline, die nicht abhebt, wenn jemand hier bleiben will« ist das Motto der Aktion. »Die Kampagne ruft dazu auf, sich solidarisch mit Flüchtlingen zu zeigen«, sagt Ines Stürmer, Initiatorin des Unterstützerkreises Straßburger Straße. Solidarität sei ein schönes Wort. Was man eigentlich erreichen wolle, sei, dass die Menschen aktiv werden, im Kopf und im Alltag.

Das Willkommensnetzwerk »Pankow hilft« ist ein Zusammenschluss verschiedener Unterstützerkreise. Jeder Unterstützerkreis kümmert sich um ein Flüchtlingsheim. Nachbarn helfen Nachbarn – so das Konzept. Anwohner geben Deutschkurse, organisieren Fußballturniere, Fahrradwerkstätten oder Sommerfeste und versuchen so, die Geflüchteten in die Nachbarschaft zu integrieren. »Wir wollen, dass die Flüchtlinge hier ein so ein normales Leben führen können wie wir«, sagt Stürmer.

Auch der Schauspieler Benno Fürmann hat auf den Flugzeugsitzen am Alexanderplatz Platz genommen. Man müsse aufhören Makulatur zu betreiben, so der Schauspieler. »Die Politik spricht gerne warme Worte, wenn die Situation akut wird.« Aber anstelle einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik oder legaler Einreisemöglichkeiten, fänden vor der libyschen Küste Militäraktionen statt.

Die Idee zur #aufstehen-Kampagne stammt von der Regisseurin Kerstin Höckel. Sie ist seit knapp einem Jahr im Unterstützerkreis für die Erstaufnahmeeinrichtung in der Straßburger Straße aktiv. Vor zwei Wochen hat sie gemeinsam mit Flüchtlingen und Berlinern einen Film abgedreht: Die Bürgschaft. »Die Ballade von Friedrich Schiller wollte ich schon lange verfilmen.«, sagt Höckel. Erst im Unterstützerkreis sei ihr aber die Idee gekommen, wie man das Gedicht in die heutige Zeit übersetzen könne. Nun ist die Geschichte von Damon, dem Freund und dem Tyrannen ein modernes Flüchtlingsdrama. In der Schlüsselszene des Films stehen die Passagiere eines Flugzeuges gemeinsam auf, um die Abschiebung eines Mädchens zu verhindern.

»Aufstehen ist ein starkes Symbol. Erst recht, wenn es viele tun. Wir wünschen uns, dass die Zivilcourage aus dem Film in der Realität Schule macht und auf die ganze Republik übergreift«, so die Regisseurin. Die Kampagne sei natürlich ein symbolischer Akt. Vielleicht rette man damit heute nicht das Leben eines Flüchtlings. Aber sie hofft, dass dieser symbolische Akt politisches Gewicht bekommt, wenn genug Leute zur Kamera greifen und sich öffentlich erheben.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal