Bündnis ohne Zukunft

Herbst-Proteste: Einzelgewerkschaften sehen enge Kooperation mit Attac skeptisch

Im kommenden Monat ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gemeinsam mit Attac zu Protesten gegen die Reformpläne der Großen Koalition auf. Attac seinerseits forderte die Gewerkschaften in dieser Woche auf, sich auch den Protesten gegen den G 8-Gipfel anzuschließen.

»Für die Gewerkschaften gibt es jetzt keine Halbherzigkeiten mehr. Die Zeit der Ausreden ist vorbei.« Mit diesen Worten appellierte Ingrid Sehrbrock, stellvertretende Vorsitzende des DGB in dieser Woche an die Delegierten einer Betriebsrätekonferenz, sich an den geplanten Herbst-Protesten gegen die Große Koalition zu beteiligen. Den ganzen Tag debattierten Betriebsräte und Gewerkschafter über die Reformen der Großen Koalition. Geschwiegen haben sie darüber, welches Ziel mit den Protesten erreicht werden soll und vor allem, mit wem sie im Herbst und danach gemeinsam Politik machen wollen. Dabei hätte das die Delegierten sicherlich interessiert. Sie applaudierten zustimmend, als einer der Podiumsteilnehmer, der Sozialarbeiter und Diplom-Pädagoge Thomas Münch, es wissen wollte: »Ich frage mich, ob die Gewerkschaften diesmal bereit sind, endlich gemeinsam mit der Zivilgesellschaft etwas zu unternehmen oder ob auch die Bindung zur Regierungspartei weiterhin zu eng ist.« Zweimal stellte er diese Frage. Nur ging weder die Moderatorin noch Jürgen Peters, Vorsitzender der IG Metall, darauf ein. Der hatte immerhin vor kurzem gefordert, in Deutschland müsse wieder mehr protestiert werden: »Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer in diesem Land, dabei ist genug für alle da. Es geht nur darum, dieses Geld anders zu verteilen.« Um Verteilungsgerechtigkeit geht es auch Attac. In einem Brief an die deutschen Gewerkschaften wirbt das globalisierungskritische Netzwerk um eine breite Allianz gegen die neoliberale Politik. Darin heißt es, Attac werde sich an den Vorbereitungen für die Proteste beteiligen. Gleichzeitig sollen die Gewerkschaften mit zum G 8-Gipfel im kommenden Jahr in Heiligendamm mobilisieren. Die DGB-Spitze hat zwar einen Arbeitskreis zu diesem Thema einberufen, über dessen Inhalte und Ziele hüllt man sich bisher allerdings in Schweigen. So arbeiten zum Thema G 8 momentan eher kleinere Bündnisse und einige der gewerkschaftlichen Jugendorganisationen vor Ort. Von einer gemeinsamen breiten Kampagne ist nicht die Rede. Ein Grund: Innerhalb des DGB ist die Zusammenarbeit mit Attac umstritten. Hubertus Schmoldt, Vorsitzender der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), gehört ganz klar zu deren Kritikern. »Die IG BCE glaubt nicht an mehr Zukunft im Bündnis mit Attac. Ganz allgemein, wie Attac, gegen Globalisierung zu sein, verändert nichts zum Besseren«, schreibt er gemeinsam mit seinem Stellvertreter Ulrich Freese in einem Brief an die Funktionärsspitzen im DGB. »Wir sind nicht angewiesen auf Überlebensbündnisse mit Einpunktbewegungen.« Und er geht noch weiter: »In aller Klarheit: Wenn führende Gewerkschafter und Politiker gleichwohl die Forderung nach Vermögenssteuer und höherem Spitzensteuersatz ins Zentrum ihrer Politik rücken, dann ist das im besten Fall schlichter Populismus.« Unterstützt wird Schmoldt bisher von der Gewerkschaft der Polizei. So sagte deren Vorsitzende Konrad Freiberg in einem Interview: »Wer nur auf Protest setzt, erfüllt nicht die Aufgabe der Gewerkschaften. Es muss immer so sein, dass die Gewerkschaften zu Demonstrationen aufrufen und Gruppen sich anschließen können.« Im Juni hatten die Gewerkschaften schon mal gemeinsame Proteste mit Erwerbsloseninitiativen, linken Gruppen und Parteien geplant. Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte damals kurzerhand seinen Beitrag als Hauptredner ab, nachdem klar geworden war, dass sich die beteiligten Gruppen nicht auf gemeinsame Forderungen einigen konnten. Immerhin habe sich innerhalb der Gewerkschaften das Verhältnis zwischen den Arbeitnehmervertretern und den hier organisierten Erwerbslosen zum Besseren gewandelt. »Unsere Anliegen werden jetzt gehört«, berichtet eine der Aktiven auf der Betriebsrätekonferenz. Deshalb würden ...

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