»Endlich an der Weichsel«

Das offizielle Polen begrüßt militärische Manöver des Paktes und das »Gefühl« der Sicherheit

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 3 Min.
Gelegenheit zu freudiger NATO-Begrüßung durch die offizielle Politik und die meisten Medien bot das militärische Manöver ihrer neuen »Speerspitze« im polnischen Zagan.

»US-Army geht nach Polen« vermeldete die tonangebende »Gazeta Wyborcza« in riesengroßen Lettern auf der Titelseite. »Die NATO endlich an der Weichsel« freute sich auf Seite 2 Pawel Wronski. »Endlich geht unser Wunsch in Erfüllung«, kommentierten sämtliche Fernsehstationen das Manöver der schnellen NATO-Eingreiftruppe vergangene Woche im polnischen Zagan.

Begleitet wurden diese freudige Informationen von Meldungen über Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, das russische Nuklearpotenzial zu steigern. TVP schickte seinen Korrespondenten zur Rüstungsschau nach Kubinka bei Moskau, um zu betonen, wie gefährlich die Lage sei und dass das noch zunehmen könnte.

Die Gefahr, dass militärische Abschreckung wieder Mode werde, stellt das innenpolitische Chaos im Machtkampf vor den Sejmwahlen in den Schatten. Doch - so die allgemeine Stimmung der Medien - keine Bange, bitte. Auf den Truppenübungsplätzen bei Zagan und Swietoszów in Niederschlesien gingen die Manöver von Verbänden aus neun NATO-Armeen zu Ende. Als Teil eines »Allied Shield«, übten sie einen »Noble Jump« und demonstrierten Einsatzbereitschaft. So sahen das der Chef der NATO in Europa General Philip Breedlove und auch der Generalsekretär des Bündnisses, Niels Stoltenberg.

Polens Verteidigungsminister und Vizepremier Tomasz Siemoniak war bei der Auswertung der einwöchigen Manöver zugegen und freute sich ganz besonders. Einige Tage zuvor äußerte er: »Mit jedem amerikanischen Soldaten auf polnischem Boden, mit jedem amerikanischen Flugzeug und jedem Panzer, wächst bei den Polen das Gefühl, dass sie vor jeder Bedrohung sicher sind.«

Militärisches »Gerät«, das an der Ostflanke des Atlantischen Bündnisses, in den baltischen Staaten und in Ostpolen disloziert werden soll, wird amerikanischen und auch deutschen Soldaten zur Verfügung stehen. Die GIs könnten sogar - Ruck-Zuck - auch mit zivilen Maschinen eingeflogen werden, heißt es. Allein die Anwesenheit einer amerikanische »Schutztruppe« - mit »Gerät«, versteht sich - auf polnischen Hoheitsgebiet soll den Polen Sicherheit garantieren.

Einer Studie des amerikanischen Rew-Resaerch-Center zufolge seien 58 Prozent der Deutschen der Meinung, dass es im Falle eines ernsthaften militärischen Konflikts zwischen Russland und einem benachbarten NATO-Land dem Verbündeten, wie es Artikel V des Nordatlantikpakts von 1949 vorsieht, nicht militärisch zur Hilfe kommen sollte. In Italien (51 Prozent), Frankreich (53) und Spanien (47) sind die Werte etwas niedriger, während in Polen und Großbritannien fast die Hälfte der Befragten für eine militärische Unterstützung wäre.

In den USA und Kanada spricht sich aber eine Mehrheit für Unterstützung der Partner aus. »Gazeta Wyborcza« betitelte ihre Korrespondenz aus Washington: »Unloyale Verbündete der NATO«. Es ist eben nur auf die Nordamerikaner Verlass.

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