Streusalz drauf, bis die Kasse klingelt

Thüringens Rechnungshof legt Jahresbericht vor und kritisiert Privatisierung des Winterdienstes durch Schwarz-Rot

  • Lesedauer: 2 Min.
Wie kann Thüringen sparen? Manchmal schon, indem die Politik die Folgen von Reformen bedenkt, findet der Rechnungshof. Die Kontrolleure decken Verschwendung in Höhe von 100 Millionen Euro auf.

Rudolstadt. Manche Reformen haben eine fatale Wirkung: Sie kosten mehr als sie sparen. Zu diesem Ergebnis kommt der Rechnungshof in seinem am Mittwoch in Rudolstadt vorgelegten Jahresbericht. Danach hat Thüringen mit der Privatisierung der Straßeninstandhaltung und damit des Winterdienstes sowie der Reform bei Umweltämtern einen zweistelligen Millionenbetrag verpulvert. »Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht«, sagte Rechnungshofpräsident Sebastian Dette. Vor Strukturveränderungen, um die Thüringen angesichts sinkender Einwohnerzahlen nicht herumkomme, sei stets eine »Folgenabschätzung« notwendig. Dette plädierte erneut für eine Kreis- und Gebietsreform.

Der 212 Seiten starke Jahresbericht der Finanzkontrolleure dokumentiert Missstände, Defizite und Verschwendung des Landes beim Umgang mit dem Geld der Steuerzahler. Allein bei den untersuchten Fällen, die nur stichprobenartig sein könnten, belaufe sich der Schaden auf rund 100 Millionen Euro, sagte Dette. Der Rechnungshof fordert die Landesregierung zudem auf, der Korruptionsgefahr in Behörden durch bessere interne Kontrollen vorzubeugen.

Die Prüfung des Winterdienstes ergab, dass sich seit der Privatisierung 2002 die Ausgaben dafür mehr als verdoppelten, berichtete Rechnungshof-Direktor Klaus Behrens. Der Streusalzverbrauch habe sich mehr als verdreifacht. Insgesamt kostete der Winterdienst dem Land zwischen 2007 und 2012 rund 95 Millionen Euro. Die Finanzkontrolleure kritisieren die Monopolstellung eines privaten Unternehmens, das in den vergangenen Jahren bei 27 von 29 Ausschreibungen der Straßenbauverwaltung den Zuschlag für den Winterdienst erhalten habe. Sie forderten Änderungen im Ausschreibungsverfahren, um mehr Wettbewerb und auch kleinere Anbieter von Winterdienstleistungen zuzulassen. Zudem monierten sie, dass durch die pauschale Vergabe von Bereitschaftsfahrten - sechs Millionen Kilometer in fünf Jahren - erhebliche Mehrausgaben entstanden. Von den pauschal veranschlagten Kilometern seien letztlich nur 53 Prozent gefahren worden - daraus errechne sich der stattliche Preis von acht Euro pro Kilometer. Thüringen ist laut Behrens das einzige Bundesland, das den Straßenbetriebsdienst privatisiert hat.

Zudem bekräftigte der Rechnungshof seine Kritik an der Übertragung der Umweltämter 2008 vom Land auf die Kommunen. Die Kommunalisierung der Umweltämter habe allein bis 2012 zu Mehrkosten von 57 Millionen Euro geführt, sagte Rechnungshofvize Michael Gerstenberger. dpa/nd

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