Die Chefin der norddeutschen Lüfte

Erstmals leitet eine Frau eine Kontrollzentrale der Deutschen Flugsicherung

  • Vera Jansen, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.
Von Bremen aus wird der gesamte norddeutsche Luftraum überwacht. Mit Christine Schierhorn hat die Kontrollzentrale dort seit kurzem eine Chefin. Sie ist die erste Frau auf so einem Posten in Deutschland.

Der Luftverkehr am Himmel würde ohne Fluglotsen in einem gefährlichen Chaos enden. Der Job war viele Jahre eine Männerdomäne. Christine Schierhorn ergriff den Beruf trotzdem: Seit April ist sie Leiterin der Kontrollzentrale der Deutschen Flugsicherung in Bremen. Erstmals in Deutschland gibt es damit eine Frau auf so einem Posten. Die 36-Jährige Schierhorn ist Chefin von mehr als 500 Mitarbeitern, darunter rund 300 Fluglotsen.

Inzwischen entscheiden sich immer mehr Frauen für den Job als Lotsin, sagt Ute Otterbein von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS). »Die Frauenquote liegt bei 30 Prozent. Der Beruf wird bei Frauen immer beliebter.« Die DFS ist ein bundeseigenes privatrechtlich organisiertes Unternehmen mit rund 5800 Mitarbeitern. Rund 2000 Fluglotsen lenken täglich bis zu 10 000 Flüge im deutschen Luftraum. Kontrollzentralen gibt es außer in Bremen in Langen bei Frankfurt am Main, in Karlsruhe sowie in München.

Die Chefin der Flugsicherung in Bremen, Christine Schierhorn, sitzt inzwischen nicht mehr selbst am Radarschirm. »Ich bin jetzt in der großen Flugsicherungswelt angekommen«, sagt sie. »Ich bin hauptverantwortlich für den Betrieb, vor allem für die Sicherheit. Dazu gehört die Zusammenarbeit mit den Airlines, anderen europäischen Kontrollzentralen oder auch dem Militär.« Von Bremen aus wird der gesamte norddeutsche Luftraum von Kassel bis zur Ost- und Nordsee überwacht, mit dabei sind die großen Flughäfen Berlin, Hannover und Hamburg. Im Jahr sind das rund 600 000 Flugbewegungen.

Die gebürtiger Wuppertalerin kam nach dem Abitur durch Zufall auf den Beruf. »Ich hatte keine Berührungspunkte zur Luftfahrt, ich war nur neugierig, ob ich den Eingangstest bestehe«, sagt sie rückblickend. Nur fünf bis sechs Prozent der Interessenten bestehen nach Angaben von Otterbein den schweren Test, bevor überhaupt die Ausbildung beginnt. »Eigentlich wollte ich mir nur beweisen, dass ich das kann und hatte nicht die Idee, das wirklich zu machen.« Doch dann sei es sehr spannend gewesen. »Ich war plötzlich mitten drin in der Luftfahrt.«

Nach der Grundausbildung und der praktischen Ausbildung im Tower am Flughafen Köln/Bonn war Schierhorn von 2001 bis 2012 Fluglotsin am dortigen Airport. »Das war mir nicht genug auf Dauer. Ich habe aus meinem Tower herausgeguckt und gesucht, was ich noch machen könnte.« Am 1. April 2012 übernahm Schierhorn die Leitung des Hamburger Towers. Nach drei Jahren nun der nächste Karrieresprung - für die 36-Jährige eine Herausforderung: »Meine Position ist immer noch ein echtes Männer-Business. Man muss sich durchsetzen können.« Unter den Fluglotsen im operativen Bereich sei man sehr direkt im Umgang miteinander, sagt Schierhorn.

Die Mutter von drei Kindern im Alter zwischen drei und sieben Jahren ist leidenschaftliche Läuferin. »Dabei habe ich Zeit, Probleme zu durchdenken.« In jüngeren Jahren war Schierhorn zudem Triathletin. »Ich habe das fünf Jahre sehr ambitioniert gemacht und war 2006 beim Ironman auf Hawaii.« Längst ist dafür keine Zeit mehr. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal