nd-aktuell.de / 08.07.2015 / Ratgeber / Seite 26

Amtsgerichte dürfen Antrag auf Beratungshilfe Mittelloser nicht formlos ablehnen

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Die Amtsgerichte dürfen einen Antrag auf Beratungshilfe nicht einfach abwimmeln. Eine Ablehnung muss durch einen förmlichen Bescheid erfolgen.

So das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 3. Juni 2015 veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 1849/11). Andernfalls werde das »Gebot der Rechtsschutzgleichheit« verletzt.

Die Beratungshilfe soll Bürgern den Zugang zu rechtlichem Rat erleichtern, die sich eine Rechtsberatung sonst nicht leisten könnten. Voraussetzung ist, dass eine anderweitige Beratungsmöglichkeit nicht besteht und dass das konkrete Anliegen nicht »mutwillig« verfolgt wird.

Die Einkommensgrenzen liegen etwas über denen für Hartz IV, für Erwerbstätige kommt noch ein Freibetrag von derzeit 210 Euro dazu. Das Partnereinkommen bleibt außen vor.

Die Beschwerdeführerin hatte einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt, dieser war abgelehnt worden. Mit anwaltlicher Hilfe wollte sie hiergegen Widerspruch einlegen.

Der Rechtspfleger beim Amtsgericht Soest lehnte dies jedoch ab. Die Frau könne die Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung aufsuchen oder den Widerspruch auch alleine schreiben, argumentierte er. Eine Beschwerde dagegen wies das Amtsgericht ab.

Wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied, hat das Amtsgericht damit den Zugang der Frau zur Rechtsberatung »ohne erkennbaren Sachgrund« erschwert. Sie habe ausdrücklich einen Beratungshilfeschein beantragt und auch die Gründe genannt, weshalb sie aus ihrer Sicht anwaltliche Hilfe benötigte.

Das Amtsgericht hätte sie daher nicht ohne förmlichen Bescheid abweisen dürfen, betonten die Karlsruher Richter. Denn nur aus einem solchen Bescheid gehe auch hervor, wie dagegen rechtlich vorgegangen werden kann.

Weiter betonte das Bundesverfassungsgericht, dass Ratsuchende in solchen Fällen nicht auf die Beratung derjenigen Behörde verwiesen werden können, gegen die sie vorgehen wollen. Nun soll das Amtsgericht Soest den Antrag der Frau förmlich bearbeiten. AFP/nd