Zauberflöte rapido und ulkig

Die Mozartoper a capella in einer amüsanten katalonischen Version in Neukölln

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Man kann alles kürzen. Auch Opern. Mozarts »Zauberflöte« kommt a capella als »La Flauta mágica« mit einer Stunde aus. Die Neuköllner Oper zeigt als »ein Fenster zu Europa« das Ensemble »Dei Furbi«, das für diese Off-Produktion mit dem Premio Max 2014 für die beste spanische Musiktheaterinszenierung ausgezeichnet wurde. Ein ausgelassenes Singspiel. In der Inszenierung von Gemma Beltran agieren die sechs Darsteller aus Barcelona mit großer Lebensfreude. Sie bewegen sich tänzerisch geschickt. Manchmal geht’s ins Artistische. Wo wird sonst bei Mozart mal schnell ein Rad geschlagen oder zu einer Rolle rückwärts angesetzt?

Beltrans Version ist in der Handlung zugespitzt, in den Arrangements von Paco Viciana und unter der musikalischen Leitung von David Costa von rasantem Tempo. Letzteres führe zwangsläufig schon mal zu kleinen gesanglichen Unsauberkeiten, scheint es. Vielleicht war es auch die Aufregung, wer weiß? Denn die Stimmen der Darsteller sind schön und sehr gut ausgebildet. Toni Vinyals, Joana Estebanell, Marc Puchol, Robert González, Anna Herebia, Marc Vilavella und David Marcé singen und spielen sicher. So sicher, dass sie sich Übermut leisten können. Sie erreichen dabei eine Stufe, als stünden sie über den Dingen und nähmen sich selbst nicht mehr ernst. Das ist wohltuend amüsant.

Mozart wurde mit spanischem Text versehen, dessen ulkige Übersetzung in deutschen Obertiteln zu lesen ist. Braucht die spanische Sprache mitunter ein paar Wörter mehr als die deutsche, um eine Sache zu beschreiben. Hier geht’s auch kurz. »Wer bist du? Ein Prinz? - Nein, nur ein armes Schwein im ersten Akt!« An anderer Stelle wird erklärt, dass die Königin sich in C-Moll zu erinnern bemüht. So geht es weiter mit den Erläuterungen, damit die Besucher immer wissen, welchem Akt und welchem Bild sie sich gegenüber sehen und ihnen »die Schwärze der Absichten« nicht entgeht. Natürlich gibt es auch die Arie der Königin der Nacht zu hören. Die wiederum zart, ruhig gesungen.

Die Gäste aus Barcelona kommen anfangs in Schutzanzügen auf die Bühne wie aus einem kontaminierten Raum. Ihre wie Schließfächer wirkenden Schränke werden dann zu Fenster oder Tür. Originelle Ideen bewies das Kollektiv um Gemma Beltran im Bühnenbild und in der Kostümierung; mit viel Geschick wurde aus wenig viel gemacht.

Mozart ist hier von der hohen Kunsttreppe heruntergeholt. Modern und frech inszeniert, professionell auf die Bühne gebracht. Die Spanier können das. Schon bei »Die Akte Carmen« - auch eine Kooperation mit Barcelona - war das zu erleben. Wobei »Carmen« den sozialkritischen Hintergrund stark betont. Diese Inszenierung gibt es erfreulicherweise auch bald wieder zu sehen. Bis Ende August ist die Neuköllner Oper in spanischer Hand.

»Die Zauberflöte«, bis 2.8., »Die Akte Carmen«: 22. bis 30.8., jeweils 20 Uhr, Neuköllner Oper, Karl-Marx-Str. 131, Neukölln, (030)68 89 0777, www.neukoellneroper.de

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