Von Kaffa nach Brasilien

Kolonialware Kaffee - eine frühe Geschichte der Globalisierung

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Am heutigen Freitag wird der Deutsche Kaffeeverband mit seinen 130 Mitgliedsunternehmen den »Tag des Kaffees« feiern.

Wenn wir orientalischen Märchenerzählern glauben wollen, brachte der Erzengel Gabriel vor 1500 Jahren dem kranken Mohammed eine Schale mit dampfender, dunkler Flüssigkeit. Diese weckte die Lebensgeister des Propheten, der alsbald ein islamisches Reich gründete. Zahlreiche solcher Legenden ranken sich um die unbekannte Frühzeit des Genussmittels Kaffees. Seine Urheimat dürfte in der Provinz Kaffa im äthiopischen Hochland liegen. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts scheint er in ganz Arabien getrunken worden zu sein. 100 Jahre später machten Türken die Ausbreitung des Kaffees zu ihrer Sache und brühten ihn in allen Winkeln des Osmanischen Reiches, bis hin nach Ägypten und Südost-Europa. Reisende wie der Augsburger Arzt Leonhart Rauwolf brachten die Kunde von dem Getränk - »das ist gar nahe wie Dinten so schwartz« - nach Norden. Im 17. Jahrhundert entwickelten sich internationale Hafenstädte wie London und Amsterdam, Hamburg und Bremen zu Zentren des Handels sowie des gemütlichen Kaffeeklatsches. 1645 - in Deutschland tobte noch der Dreißigjährige Krieg - wurde in Venedig das erste Kaffeehaus eröffnet, erst 1672 folgte Paris und ein Jahr später Bremen. Ursprünglich war der Kaffeestrauch vor allem im Südjemen angebaut worden. Jahrhundertelang konnten arabische Händler ihr Monopol verteidigen, indem sie die grün-gelben Bohnen mit heißem Wasser überbrühten, um die Keimfähigkeit zu kastrieren. Erst dem privat-staatlichen niederländischen Handelskonzern Vereenigde Oostindische Compagnie gelang es im »goldenen« 17. Jahrhundert, sich der Ware Kaffee zu bemächtigen. Die neue Großmacht im globalen Handel ließ fortan die wertvollen Sträucher auf Ceylon sowie Bali anbauen und belieferte den europäischen Markt mit dieser Kolonialware. 1718 ließ der Statthalter von Batavia (Jakarta) Samen nach Südamerika bringen. Fortan waren es die neuen Superseemächte, Frankreich und vor allem England, welche die Anbaugebiete im »Kaffeegürtel«, der sich zwischen den beiden Wendekreisen um die Erde zieht, bis zum Ende der Kolonial-Ära beherrschten. Der deutsche Beitrag zum arabischen Getränk kann sich schmecken lassen. Der Chemiker Ferdinand Runge isolierte im Jahr 1819 als erster den belebenden Wirkstoff, das Koffein. Goethe soll ihn dazu angeregt haben. Bis ins 20. Jahrhundert wurde Kaffee privat zu Hause geröstet. Durch den Röstprozess nimmt das Gewicht der Bohnen deutlich ab, während sich ihr Volumen verdoppeln kann. Vor gut hundert Jahren entdeckte Ludwig Roselius, wie sich das belebende Koffein herauslösen lässt - das Ergebnis war »Kaffee HAG«. Entgegen landläufiger Meinung wird dem entkoffeinierten Kaffee aber nicht die Gerbsäure entzogen, die den Magen plagen kann. Seit 1945 gibt es Versuche, den Kaffeepreis zwischen Export- und Importländern zu regulieren. Preisstützungsaktivitäten, Exportquoten, Mindestkaufpreise und staatliche Monopole waren in einzelnen Ländern die Folge. 1962 kam es im Rahmen der UNO zum ersten internationalen Kaffeeabkommen, dessen Nachfolger einen gewissen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen auf dem Weltmarkt schufen. In den 80er Jahren endete auch dieser Versuch der Marktregulierung. Es folgte ein jahrelanger Einbruch bei den Rohkaffeepreisen, der nur Mitte der neunziger Jahre, als Frost die Ernten im größten Anbauland, Brasilien, vernichtete, kurz, aber heftig unterbrochen wurde. Erst in jüngster Zeit haben stagnierendes Angebot, steigende globale Nachfrage und Finanzspekulation die Folgen der Liberalisierung gemildert: Seit dem Allz...

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