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Speisen für Hellas

Kulinarisches Marktwochenende in Kreuzberg warb für Solidarität mit Griechenland

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.
Krise, Pleite, Schulden: Das öffentliche Griechenland-Bild ist nicht rosig. Das Big Fat Greek Weekend präsentierte eine kulinarisch-genussvolle Perspektive auf das Land.

Darf es ein trockener Roter, ein leichter Weißer, oder vielleicht doch lieber ein fruchtiger Rosé sein? Wenn Wein eine Wissenschaft für sich ist, dann ist Christos Tziolis ein Meister seines Faches. Allen potenziellen Kunden, die an seinem Stand in der Markthalle Neun in Kreuzberg vorbei huschen, bietet der 59-jährige Weinfachmann erst mal ein Gläschen zum Probieren an.

Mit ruhiger Stimme erzählt der Mann mit dem gepflegten weißen Schnurrbart jedem Interessierten von der Herkunft seiner edlen Tropfen. Sie stammen allesamt aus den bekannten Weinbauregionen Griechenlands. Die meisten der kleinen Winzerbetriebe kennt Tziolis persönlich. Das ist ihm wichtig. Er selbst stammt aus Mittelgriechenland. Unweit der Méteora-Klöster in Thessalien ist er aufgewachsen. Bereits sein Großvater hat hier Wein angebaut. »Will man in diesen Tagen über etwas Positives in Griechenland sprechen, muss man dem Wein Aufmerksamkeit geben«, sagt er.

Normalerwiese bietet Tziolis seine Weine nicht in Kreuzberg, sondern in Charlottenburg an. Hier betreibt er die Vinothek »Cava«, in der man die Wahl zwischen über 200 Weinsorten hat. Der Verkaufsstand in der alt-ehrwürdigen Markthalle nahe dem Lausitzer Platz war eine spezielle Promotion im Rahmen des »Big Fat Greek Weekend«, das seit vergangenen Donnerstag zusätzlich zum normalen Markt das ganze Wochenende über in der Kaufhalle stattfand.

Das Ziel des besonderen kulinarischen Wochenendes: In Zeiten von Krise und Schuldenbergen ein anderes Bild von Griechenland und den Griechen zeichnen. Eines, das der Vielfältigkeit und Kreativität des Landes gerecht wird und einen Gegenpol zu den negativen Stereotypen bietet, die in den Medien herumgeistern. So wollten es die Geschäftsführer der Markthalle. Und wie sonst sollte das besser gelingen, als über Leckereien für das leibliche Wohl? Liebe geht bekanntlich durch den Magen.

Und Solidarität auch. Neben dem Weinstand von Tziolis boten auch andere griechische Händler ihre Waren an. So auch die Firma »grinbox« (Greek Innovative Box) um Gründer Ben Levis, die vor allem biologische Produkte wie Honig, Tee und Olivenöl zum Verkauf anbot. Zusätzlich fanden Wein- und Käseverkostungen sowie ein spezieller griechischer »Breakfast Market« am Sonntag statt.

Bei den Besuchern der Markthalle kam das Griechenland-Spezial in jedem Fall gut an. An allen Tagen war der Markt gut besucht. »Griechenland ist eben nicht nur Finanzkrise, sondern auch ein tolles Land mit super Menschen und leckerem Essen«, ruft ein Kunde, der natives Olivenöl aus Kreta gekauft hat und seine Einkäufe nun schnell nach Hause bringen möchte. Es ging mitunter wuselig zu. Fast so wie auf einem der stets belebten Wochenmärkte in Athen oder Thessaloniki.

Um Politik sollte es an dem langen Marktwochenende explizit nicht gehen. Bei einer Diskussionsrunde zum Thema »Greece from a food point of view« (etwa »Griechenland aus ernährungspolitischer Sicht«) musste ein bisschen Politik dann aber doch sein. Der Jungbauer Sotiris Lymperopoulos, der eigentlich studierter Ökonom ist, stellte sein Konzept einer biologischen und nachhaltigen Landwirtschaft vor, die zur Lösung der Wirtschaftsmisere im Land beitragen kann. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin konnte dem nur zustimmen: »Die Produktion von Lebensmitteln kann eine Lösung für die griechische Krise sein. Griechenland hat ein großes landwirtschaftliches Potenzial. Essen verbindet und kann zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen«, erklärt Sarrazin. Das Publikum applaudiert. Die griechische Lebensfreude ist an diesem Wochenende in Kreuzberg spürbar gewesen.

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