Lange Wartezeiten bei Berliner Bürgerämtern

Bei den Bürgerämtern der Hauptstadt wartet man teilweise monatelang auf einen Termin

  • Antonia Lange
  • Lesedauer: 2 Min.
Reisepass, Personalausweis oder Umzug: Wer beim Bürgeramt einen Termin braucht, muss lange warten. Die Ersten machen aus der Not ein Geschäft und handeln mit Terminen im Internet.

Nach Berlin ziehen ist nicht schwer, Berliner werden dagegen sehr. Bei den Bürgerämtern der Hauptstadt wartet man teilweise monatelang auf einen Termin. Wer vorher an die Reihe kommt, hat entweder Glück - oder Geld. Denn drei junge Männer haben aus der Not ein Geschäft gemacht und einen Internethandel mit Terminen ins Leben gerufen. Nutzer können dort eine Wohnung anmelden oder ihren Personalausweis und Reisepass beantragen. Anders als beim Amt ist die Terminvergabe allerdings nicht kostenlos: Wer fünf Tage wartet, zahlt 25 Euro. 45 Euro sind es, wenn der Termin schon zwei Tage später sein soll.

»Die Idee ist entstanden, weil wir alle die gleichen Probleme mit der Buchung eines Termins hatten«, sagt Mitgründer Jörn Kamphuis und meint die langen Wartezeiten. Die Lösung: Eine Software, die aus den Kalendern sämtlicher Ämter verfügbare Termine zieht - und zahlenden Kunden vermittelt. Seit dem Start Mitte Juni gab es demnach 150 Anfragen. Vermittelt wurden bis zu 90 Besuche auf dem Amt. Den Behörden gefällt das nicht: »Der Senat prüft derzeit die möglichen technischen und rechtlichen Konsequenzen«, schreibt die Senatsverwaltung für Inneres auf eine Anfrage der Piratenpartei. Demnach ist die Terminbörse nicht der einzige Versuch, das klassische System zu umgehen. In einem Bürgeramt wurden demnach schon einzelne Termine von Privatleuten vor Ort zum Kauf angeboten.

Eigentlich können Berliner verfügbare Termine auch selbst einsehen und buchen. Das Problem: Schaut man ins Netz, sind zum Teil monatelang keine freien Zeitfenster verfügbar. Spontan frei gewordene Termine erscheinen naturgemäß erst kurzfristig online. Nutzer müssten die Seiten also laufend aktualisieren. Wer für den Sommerurlaub noch einen Reisepass beantragen muss, findet online bis Oktober keine Optionen.

Dass die Schlangen in den Bürgerämtern so lange sind, hat vor allem zwei Gründe: Die Zahl der Zuzüge steigt nach Erhebungen des zuständigen Amts für Statistik seit Jahren. Dennoch wird am Personal gespart: Die Zahl der Vollzeitstellen in den Bürgerämtern ging bereits in den vergangenen Jahren in nahezu allen Bezirken zurück, wie aus einer Antwort der Senatsverwaltung auf eine SPD-Anfrage hervorgeht. dpa

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