nd-aktuell.de / 31.07.2015 / Politik / Seite 6

Rechte Expansion

Die Nazi-Partei »Der III. Weg« ist aktionsorientiert und breitet sich aus

Johannes Hartl
Erst ersetzte sie in Bayern das verbotene »Freie Netz Süd«, nun weitet sie ihren Aktionsraum kontinuierlich aus: Die neue rechtsextreme Partei »Der III. Weg« ist bundesweit auf dem Vormarsch.

Im brandenburgischen Zossen und Damsdorf soll es am kommenden Samstag Nazi-Demos gegen geplante Flüchtlingsunterkünfte geben. Dahinter steht die rechtsextreme Partei »Der III. Weg«, die von Süddeutschland aus mit ihrer offen nationalsozialistischen Programmatik seit Monaten bundesweit auf dem Vormarsch ist - besonders in Thüringen und Brandenburg.

Als eine überschaubare Gruppe Neonazis im September 2013 im baden-württembergischen Heidelberg in offener Konkurrenz zur NPD die neue Partei »Der III. Weg« gegründet hat, war dies zu Anfang nicht mehr als eine kleine Randnotiz. Versuche, der NPD ihre dominierende Stellung auf dem parteipolitischen Tableau streitig zu machen, hatte es in der Vergangenheit immer wieder gegeben - doch allen vielfältigen Bemühungen zum Trotz konnte bislang keine Organisation die Vormachtstellung der größten neonazistischen Partei tatsächlich brechen.

Im Gegensatz zu anderen Gruppierungen, die sich mangels Erfolg früher oder später bis zur Handlungsunfähigkeit demontiert haben, blieb dem »III. Weg« dieses Schicksal allerdings erspart - »dank« der damaligen Situation in der parteiungebundenen bayerischen Neonazi-Szene. Deren Dachorganisation, das militante Kameradschaftsnetzwerk »Freies Netz Süd« (FNS), sah sich zu dieser Zeit seit zwei Monaten mit einem Verbotsermittlungsverfahren durch das bayerische Innenministerium konfrontiert, das im Juli 2013 zur Sammlung von Beweismaterialien eine großangelegte Razzia bei Mitgliedern der überregionalen Truppe durchgeführt hatte.

Vor diesem Hintergrund knüpfte »Der III. Weg« kurz nach der Exekutivmaßnahme von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ab November 2013 erste strategische Kontakte zu der Gruppe und etablierte sich in den folgende Monaten kontinuierlich als Nachfolgeorganisation für das FNS. Bereits acht Monate später, als das Ministerium im Juli 2014 das Netzwerk verbieten ließ, hatte die Partei auf diese Weise den Dachverband vollständig übernommen und dessen Aktivitäten unter einem neuen Dach nahtlos fortgeführt.

Aber der Aktionsraum der militanten Gruppierung sollte sich nicht alleine auf Bayern beschränken. Die Etablierung von Strukturen im Freistaat diente der Partei um ihren Vorsitzenden Klaus Armstroff vielmehr als eine Art Generalprobe, mit der sie ihre Ambition als erstzunehmende neue Kraft innerhalb der extremen Rechten bekräftigen und ihre organisatorischen Fähigkeiten erfolgreich unter Beweis stellen wollte. Das eigentliche Ziel, die offen nationalsozialistisch orientiere Formation nach und nach in weitere Bundesländer auszuweiten, haben die Neonazis währenddessen nie aus den Augen verloren - im Gegenteil: Schon früh, als »Der III. Weg« noch seine Strukturen in Bayern aufgebaut hat, streckte die Parteiführung ihre Fühler in weitere Bundesländer aus, vor allem in die Regionen Sachsen und Thüringen sowie in das weiter entfernt gelegene Berlin und Brandenburg.

Dabei profitierte die Neugründung maßgeblich von den bundesweiten Kontakten vormaliger FNS-Aktivisten. Besonders zwei ehemals zentrale Köpfe des verbotenen Netzwerks, die Neonazis Matthias Fischer und Tony Gentsch, ließen sich zu dieser Zeit mehrfach in den Bundesländern als Repräsentanten des »III. Weges« blicken und warben für die junge Splitterpartei. So traten die beiden Kader, die ihre Wohnorte inzwischen nach Sachsen und Brandenburg verlegt haben, wiederholt kurz vor beziehungsweise kurz nach der Gründung von sogenannten Stützpunkten in den jeweiligen Regionen im Umfeld der Partei auf - etwa bei einem internen »Neujahrestreffen« im Januar 2015 im thüringischen Greiz (Gentsch) oder bei einem Aufmarsch Ende März 2015 im brandenburgischen Wittstock/Dosse (Fischer). Dort knüpften die Neonazis unter anderem personelle Kontakte, die schon wenig später bei gegenseitigen Veranstaltungsteilnahmen im Bundesgebiet offensichtlich wurden, und legten überdies den ersten Grundstein für eine gezielte strukturelle Verankerung in den fraglichen Bundesländern.

Mittlerweile, mehrere Monate nach Beginn der Expansionsbestrebungen, hat die Partei auf dieser Basis nicht nur diverse öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Flugblattverteilungen, Kundgebungen und Demonstrationen in den vier Bundesländern durchgeführt. Auch die strategische Verankerung nahm in dieser Zeit weiter konkrete Gestalt an. So hat »Der III. Weg« neben den sächsischen und thüringischen Regionen, abgedeckt durch die Stützpunkte Vogtland und Thüringer Wald/Ost, zwischenzeitlich auch in Berlin und Brandenburg mit einem eigenen »Stützpunkt Berlin« und einem »Stützpunkt Potsdam/Mittelmark« Fuß gefasst.

Ähnlich wie in den zwei anderen Ländern nutzte die extrem rechte Partei hier gezielt die schwächelnde Situation und die mangelnde Attraktivität der NPD für ein junges Publikum aus, dem sie insbesondere einen starken Aktionismus entgegensetzt. Im Zuge dessen hat »Der III. Weg« alleine im Zeitraum von Oktober 2014 bis einschließlich Juli 2015 sein Potenzial mit mehreren internen Treffen und Verteilungen in Thüringen sowie mit mindestens neun Propagandaaktionen und sieben Kundgebungen gegen Flüchtlinge in der Region Brandenburg unter Beweis gestellt.

Antifaschistische Initiativen rechnen deshalb in den kommenden Monaten mit einem weiteren Aufbau von Parteistrukturen in den Bundesländern und warnen vor einer zunehmenden Militanz in der Neonazi-Szene. Dirk Wilking, Geschäftsführer des brandenburgischen Instituts für Gemeinwesensberatung, berichtet im Gespräch mit dem »nd« vor allem von Bemühungen der Partei, Personal der NPD abzuwerben. Außerdem solle Klientel außerhalb klassischer Szenekreise wie Rocker für den »III. Weg« rekrutiert werden, um weitere Strukturen aufzubauen und nachhaltig zu festigen. Zudem bestehe die Gefahr, warnt Wilking, dass sich die verschiedenen Konkurrenten in der extremen Rechten bei ihren Agitationen gegen Flüchtlinge gegenseitig radikalisieren. Angesichts der offen zur Schau getragenen Militanz und der nationalsozialistischen Ausrichtung, die »Der III. Weg« in seiner teilweise von der NSDAP abgekupferten Programmatik vertritt, vermutlich eine begründete Warnung.