Schäuble verliert Verbündeten gegen Athen

Finnen stimmen Kreditprogramm für Griechenland zu / Bundesfinanzminister bleibt bei Bedenken

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Während die Zustimmung des Parlaments in Athen zum neuen Kreditprogramm als sicher galt, meldete das Bundesfinanzministerium Diskussionsbedarf an.

Das große Zittern kommt für Alexis Tsipras am Morgen danach. Die Abstimmung des griechischen Parlaments über das neue Kreditprogramm für sein Land hatte der Ministerpräsident nicht zu fürchten. Die Mehrheit der 300 Abgeordneten war ihm beim am frühen Freitagmorgen erwarteten Votum sicher, wenn auch nur mit Stimmen der Opposition und trotz Demonstrationen mehrerer Gewerkschaften. Wie die Beratungen der Euro-Gruppe ausfallen, die sich an die Abstimmung in Athen anschließen sollten, blieb am Donnerstag offen - wegen eines Briefs des Bundesfinanzministeriums.

Nach Berichten der »Bild«-Zeitung und der »Welt« sieht nämlich Wolfgang Schäuble offene Fragen, vor allem die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Schuldentragfähigkeit und die geforderten Privatisierungen betreffend. Das Papier war bereits am Mittwochabend bei einer Telefonkonferenz aller 28 EU-Länder auf Fachebene Thema. Dabei hätten einige Regierungen noch »Diskussionsbedarf« angemeldet. Es gebe aber eine »generelle Bereitschaft«, das Programm beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel zu beschließen.

In diesem Sinne gab der finnische Finanzminister am Donnerstag bekannt, für das neue Paket zu stimmen. »Ich habe das Mandat erhalten, das dritte Hilfspaket für Griechenland zu bewilligen«, sagte Alexander Stubb nach einer Sitzung des sogenannten Großen Ausschuss des finnischen Parlaments. Damit hat Schäuble die Griechenland-skeptischen Finnen als Verbündete verloren, jedoch vor allem, weil eine Blockade einer Einigung den Koalitionsbruch in Helsinki bedeutet hätte.

Gleichzeitig ließ die EU-Kommission verlauten, dass sie im Auftrag der EU-Staaten weiter an einem Plan B arbeite. Eine Sprecherin sagte, dass Dokumente erstellt und an die Hauptstädte übermittelt wurden, mit deren Hilfe eine weitere Brückenfinanzierung für Griechenland gewährleistet werden könnte. Sie würde nötig, damit Athen kommende Woche auch ohne endgültige Vereinbarung über das neue Programm Anleihen und darauf fällige Zinsen bei der Europäischen Zentralbank in Höhe von 3,4 Milliarden Euro zurückzahlen kann.

Die kritische Haltung von Bundesfinanzminister Schäuble sorgte derweil für Ärger beim Koalitionspartner SPD. »Offensichtlich gibt es Kräfte im deutschen Finanzministerium, die versuchen, eine Einigung zu unterlaufen«, sagte der SPD-Vizefraktionschef Axel Schäfer zu »Zeit Online«. »Wir haben nicht vergessen, dass Wolfgang Schäuble und seine Leute monatelang in Richtung Grexit steuerten«, so Schäfer.

Sollte die Euro-Gruppe ihre Zustimmung erteilen, müssen noch die Parlamente mehrerer Mitgliedsstaaten dafür votieren, darunter das deutsche. Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die 631 Abgeordneten bereits mit einer E-Mail über eine mögliche Sondersitzung am Dienstag oder Mittwoch informiert. Mit Agenturen Seite 2

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