nd-aktuell.de / 20.08.2015 / Politik / Seite 3

Hier geht es nicht um Politik und Konfession

LINKEN-Politiker Wolfgang Gehrcke über eine Hilfsaktion für Kinderkrankenhäuser in der Südost-Ukraine

Hartmut Hübner

Astrachan ist rund 1000 Kilometer vom Krisengebiet in der Südost-Ukraine entfernt. Warum sind Sie gerade dorthin gefahren, um eine Hilfslieferung zu organisieren?
Als mein Fraktionskollege Andrej Hunko und ich Ende vergangenen Jahres ein Lager mit Flüchtlingen aus dem Donbass in der Nähe von Rostow am Don in Russland besuchten, berichteten uns dort viele von den katastrophalen Zuständen bei der medizinischen Versorgung im Kriegsgebiet - worunter vor allem die Kinder litten. Man bat uns, gerade diesen Unschuldigen zu helfen. Wir organisierten daraufhin eine private Spendenaktion, die in kurzer Zeit viel Geld erbrachte. Nachdem wir bereits im Februar unter schwierigen Umständen - es gab noch keine Waffenruhe - eine erste Lieferung von Medikamenten im Wert von 30 000 Euro nach Donezk gebracht hatten, gingen bis zum Abschluss der Aktion weitere fast 100 000 Euro ein. Auf der Suche nach einem zuverlässigen Partner für die Organisation und Durchführung der Hilfslieferung sind wir schließlich in Astrachan fündig geworden.

Warum haben Sie nicht den direkten Weg über die Ukraine gewählt?
Das hatten wir ursprünglich vor. Wir wollten die Medikamente in Deutschland kaufen und sie durch die Ukraine an den Bestimmungsort bringen. Deshalb haben wir uns an die ukrainische Regierung mit der Bitte um die Gewährleistung eines sicheren Transportes in das Krisengebiet gewandt. Das kam nicht zustande. Darum entschlossen wir uns damals, die Medikamente mit Hilfe russischer Freunde in Rostow zu kaufen und brachten sie mit vier Transportern nach Donezk. Wieder kam von ukrainischer Seite keine effektive Zusammenarbeit zustande. Von mehreren Seiten wurde empfohlen, uns an das Ioanno-Predtetschenskij-Männerkloster in Astrachan zu wenden, das große Erfahrung bei der Entsendung von humanitärer Hilfe in den Donbass hat. Wir baten den Vorsteher des Klosters, Igumen Pjotr, um Unterstützung. Nach Abstimmung mit der russisch-orthodoxen Kirche signalisierte er schließlich seine Bereitschaft zu helfen.

LINKE und die russisch-orthodoxe Kirche - ist das nicht eine eigenartige Zusammenarbeit?
Igumen Pjotr und ich waren uns sehr schnell einig, dass es hier nicht um Politik und Konfession geht, sondern einzig um die Hilfe für die Bedürftigen in der Südost-Ukraine, insbesondere die Kinder. Wir sind unserem Partner sehr dankbar, dass er uns seine Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um die dringend benötigten Medikamente und Verbrauchsmaterialien schnell, sicher und kostengünstig an die medizinischen Einrichtungen, wie das Kinderkrankenhaus in Gorlowka, zu bringen. In den nächsten Tagen wird bereits die erste Partie Hilfsgüter zusammengestellt und auf die Reise geschickt. Sollte alles funktionieren, wäre das durchaus eine Variante für andere, die ebenfalls eine adressierte Hilfe in die Südost-Ukraine schicken wollen. Wir helfen hier gern weiter.