Glitzerndes Berlin

MEINE SICHT

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 2 Min.

»Es wird das Proletariat / ohne Kohle rabiat«, dichteten/kalauerten vor vielen Jahren ein paar Österreicher. In Berlin hat die Handelskammer zum wiederholten Mal eine neue Gründerzeit ausgerufen. Wie Mitte des 19. Jahrhunderts wittern Firmenbosse Profit und schlagen ihre Pranken in die sandigen Ufer an der Spree. Was damals die Industrie war, sind heute Softwareunternehmen, Internetkonzerne und, nicht zuletzt, Immobilien ... -experten.

Rabiat ist heute mitnichten das Proletariat. Obwohl es immer noch keine Kohle hat und obwohl die Schlipsträger der Konzerne und Edel-Hipster der noch hipperen Startups von seiner Arbeit genauso profitieren wie vor ein paar hundert Jahren.

Rabiat sind die Hausbesitzer, die Mieter rausekeln, um ihre Gründerzeitaltbauten endlich kernsanieren und auf Hochglanz polieren zu können. Rabiat sind die selbsternannten Stadtherren, die jedes Wehklagen des Proletariats wegwedeln wie nervige Fliegen, die den Sonntagsbraten umschwirren.

Wer braucht schon funktionstüchtige Schulen, ein Flughafen ist viel wichtiger. Welcher Schauspieler, welcher Musiker braucht schon einen Lohn, der zum Leben reicht, Hauptsache die Opern und Theater strahlen im Licht der Laternen unter den Linden. Solange Berlin leuchtet, wird sich daran nichts ändern. Berlin zieht die Arbeitswilligen an wie das Licht die Motten. Sie ziehen her, bleiben eine Weile - und wenn sie merken, dass man vom kreativ sein doch nicht so richtig leben kann, ziehen sie weg oder an den Stadtrand und im ICE aus Deutschland nach Berlin sitzt schon das nächste Startup-Team.

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