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»Einer für alle, alle für einen«

Im griechischen Hafenort Perama ist man froh, dass SYRIZA eine zweite Chance bekommen hat

  • Ulrike Kumpe, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
In Perama, einem Vorort von Piräus im Großraum Athen, schlägt die anhaltende Krise besonders hart zu. Die größten Hoffnungen auf eine Verbesserung der Lage setzen die Menschen noch immer in SYRIZA.

Vom Wahlkampf war in Perama, einem Vorort von Piräus im Großraum Athen, kaum etwas zu sehen. Keine Plakate weit und breit, nur ein kleiner Stand der Linkspartei SYRIZA fand sich etwas verloren auf einem Platz im Stadtteil. Hier in Perama leben etwa 25.000 Menschen. Geprägt ist der Ort durch den Hafen von Piräus und die Werften. Die Arme vieler Verladekräne ragen senkrecht in den Himmel, ein untrügliches Zeichen dafür, dass hier nicht gearbeitet wird. Perama ist heute ein Ort mit hoher Arbeitslosigkeit, die noch deutlich über dem griechischen Durchschnitt liegt.

Mit der Wahl SYRIZAs im Januar hofften die Menschen schon einmal auf ein Ende der Sparpolitik der Troika und auf eine Wirtschaftspolitik, die ihnen Arbeit und Leben zurückgibt. Nun soll es SYRIZA wirklich richten. Elli Despinis ist 47 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und den drei erwachsenen Kindern in Perama. Reich waren sie auch vor der Krise nicht. Ihr Gatte Apostolis arbeitete hier als Fahrer, Elli als Verkäuferin. Sie ist jetzt arbeitslos und ihr Mann verdient deutlich weniger als vor dem Wirtschaftseinbruch. Den Kredit für ihre Wohnung können sie nicht mehr tilgen. »Wir können die Raten für unsere Wohnung nicht mehr bezahlen. Strom und Wasser sind abgestellt«, erzählt Elli. Offen sprechen sie über ihr Einkommen. Ihr Mann verdiene heute 800 Euro im Monat, die Raten für die Wohnung betrügen 500 Euro. Auch ohne die Raten kann keine fünfköpfige Familie davon leben.

So wie den Despinis geht es hier vielen Menschen. Naransis Sidiras ist 55. Er hat gesundheitliche Probleme und bekommt deshalb eine kleine Rente. Diese ist allerdings das gesamte Familieneinkommen. Naransis erzählt: »Ich habe früher in Stuttgart gearbeitet. Ohne meine gesundheitlichen Probleme würde ich wieder zurückgehen.« Weder die Kinder der Despinis noch die von Naransis finden Arbeit. Sie alle hoffen aber nicht nur darauf, dass Politiker für sie alles in Ordnung bringen, deshalb organisieren sie sich in einer Nachbarschaftsinitiative. Elli lacht, als sie sagt: »Unser Motto ist: Einer für alle, alle für einen.«

Sie würde SYRIZA eine weitere Chance geben, obwohl sich für sie seit der letzten Parlamentswahl nichts geändert habe und ihre Obdachlosigkeit unvermeidlich erscheint. Naransis argumentiert: »Die Regierung hat seit dem Frühjahr nur mit den europäischen Politikern verhandelt, da war keine Zeit, sich um die Politik hier im Land zu kümmern. Sieben Monate ist wirklich nicht nicht viel Zeit.« Er plädiert ebenfalls dafür, der Linkspartei mehr Zeit zu geben und den eingeschlagenenen Kurs fortzusetzen.

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