Den Zusammenbruch des Gesundheitssystems verhindern

Griechischer Ex-Minister Andreas Xanthos: Wähler haben großen Kampf von SYRIZA gegen europäische Austeritätspolitik anerkannt

  • Ulrich Heyden
  • Lesedauer: 3 Min.
Ruhig und nicht überschwänglich: SYRIZA-Anhänger wissen, dass dem Land auch nach dem Wahlsieg der Linkspartei schwierige Zeiten bevorstehen. Ex-Gesundheitsminister Andreas Xanthos zu einer der größten Herausforderungen.

Andreas Xanthos stammt aus der Hafenstadt Rethymno in Nord-Kreta, wo er am Sonntag im Zentrum der Stadt unter freiem Himmel und warmer Nacht am Wahlkampfstand von SYRIZA mit etwa 200 Sympathisanten und Mitgliedern der Links-Partei den Wahlsieg feierte. Überschwänglich ging es nicht zu. Die Stimmung war ruhig. Gebannt schauten die Versammelten - Durchschnittsalter Ende 40 - auf den Großbildschirm, wo immer neue Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute eingeblendet wurden. Viele ahnten, dass für SYRIZA trotz des Sieges eine schwierige Zeit beginnt.

Was sind die Gründe für den Wahlsieg von SYRIZA?
Die Griechen vertrauen SYRIZA. Sie meinen, dass die Partei in der Lage ist, für die Griechen eine Zukunft mit Würde und Gerechtigkeit in Europa zu erreichen.

Andreas Xanthos

Andreas Xanthos gehörte dem letzten griechischen Regierungskabinett als stellvertretender Gesundheitsminister an. Am Wahlabend sprach Ulrich Heyden für “nd” mit ihm.

Nachdem die griechische Regierung auch dem dritten Memorandum zugestimmt hat, waren viele Menschen unzufrieden. Wie haben Sie es geschafft, dass sie trotzdem wieder stärkste Partei wurden?
Der erste Grund ist, dass es gegenüber dem Rest des griechischen politischen Systems einen großen Mangel an Vertrauen gibt. Die Menschen trauen diesem System nicht. Die Menschen haben anerkannt, dass SYRIZA in Europa einen großen Kampf gegen die Austeritätspolitik geführt hat. Die Menschen haben gezeigt, dass es notwendig ist, dass wir bereit zum Kampf sind und sie hoffen darauf, dass es in Europa bessere Macht-Bedingungen geben wird, die zu einer Politik führen werden, welche den Interessen der Menschen entspricht.

Was können Sie im Gesundheitsbereich in den nächsten Jahren ändern? Was sind ihre Ziele? Was ist realistisch?
Als erstes müssen wird garantieren, dass das Gesundheitssystem funktioniert. Zurzeit besteht die Gefahr, dass das Gesundheitssystem zusammenbricht. Die Gesundheitsversorgung braucht besondere Unterstützung. Das Wichtigste ist, die Primär-Gesundheitsversorgung zu verändern. Das wird eine große Hilfe für das Gesundheitssystem in Griechenland sein.

Woher werden Sie das Geld für diese Maßnahmen nehmen?
Es gibt im Gesundheitssystem viele Stellen, wo es Korruption und unnötige Ausgaben gibt. Die erste Aufgabe wird sein, die Korruption zu stoppen und den Geldfluss so zu organisieren, dass das Geld dorthin kommt, wo es nötig ist. Es gibt Fälle im Memorandum, die geändert werden können. Das ist nicht verboten. Wir werden das mit Nachdruck versuchen. Natürlich müssen wir auch das Steuereinkommen erhöhen und die Verteilung von Reichtum in der Gesellschaft ändern, damit die Menschen mehr Geld haben.

Können Sie sagen, wie viele ältere Menschen im letzten Jahr gestorben sind, weil sie nichts zu essen hatten oder keine medizinische Hilfe bekamen?
Solche Angaben gibt es nicht. Es gab Menschen, die hatten keinen sozialen Schutz oder anderes Einkommen. Aber durch die Hilfe der Gesundheitszentren und mit der Hilfe der Menschen, die in den Krankenhäusern arbeiten, haben sie immerhin eine elementare Hilfe bekommen. Das heißt, niemand ist gestorben, weil er keine Hilfe bekam.

Wie viele Ärzte arbeiten ohne Bezahlung?
Es gibt viele Freiwillige. Es gibt eine große soziale Solidarität.

Was ist die Wurzel dieser Solidarität?
Eine ähnliche Solidarität gab es während der Besetzung durch die deutschen Nazis. Das erste, was bei der Befreiung durch die Initiative der Linken geschah, war, den Menschen bei der Beschaffung von Lebensmitteln zu helfen.

Was machte ihr Vater in dieser Zeit der Befreiung von der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht?
Mein Vater war Soldat bei den griechischen Truppen, die gegen die Linken kämpften.

Streiten Sie manchmal mit ihm?
Er ist schon zu alt.

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