Russischen Soldaten drohte »Einsatz in einem heißen Land«

Nach Information der Medien fiel Abreise aus / Kreml äußert Verdacht auf »Provokation«, doch Geheimdienst ermittelt wegen Landesverrats

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Über Russlands Aktivitäten in Syrien zeigte sich Israels Premier Netanjahu in Moskau verärgert. Dort sorgten Soldaten eben wegen genau eines solchen Einsatzes für Aufregung.

Grund zu »Hysterie« gebe es nicht, wohl aber zu einer Überprüfung. Mit einer entsprechenden Bitte, so Michail Fedotow, Vorsitzender des Rates für Menschenrechte beim Präsidenten, habe er sich bereits an Verteidigungsminister Sergei Schoigu gewandt. Es geht um Klagen wegen eines Einsatzes in Syrien, mit denen sich Soldaten an den Beirat und das Komitee der Soldatenmütter wandten. Danach waren rund 20 Vertragssoldaten aus dem östlichen Militärbezirk für einen Sondereinsatz im russischen Schwarzmeerhafen Noworossisk verpflichtet worden. Kampfauftrag: Verladung von Kriegstechnik. Am Zielort, so die Akteure, hätten Vorgesetzte gesagt, dass eventuell ein »Einsatz in einem heißen Land« bevorstehe. Dabei könne es auch zu Kampfhandlungen kommen. Kurz danach habe ein Generalstäbler ihnen einen Geheimbefehl für einen Einsatz in Syrien unter die Nase gehalten. Die Einschiffung sei für den 17. September geplant gewesen, musste jedoch abgesagt werden. Die Soldaten verweigerten und informierten die Medien.

Zwar dürfen russische Truppen nach geltendem Recht weltweit eingesetzt werden. Den Einsatzbefehl erteilt der Präsident in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber der Streitkräfte mit Zustimmung des Senates. Ein entsprechender Erlass, so Fedotow, unterliege aber nicht der Geheimhaltung. Der Kremlbeamte wollte nicht ausschließen, dass die Vorwürfe der Soldaten »Teil einer Provokation« seien.

Doch inzwischen wurde bekannt, dass der Inlandsgeheimdienst FSB gegen die Verweigerer wegen Landesverrates ermittele. Ihr Anwalt sagte der kritischen Online-Zeitung gaseta.ru, seine Mandanten dürften ihren Stützpunkt nicht mehr verlassen. Ihre Familien seien verzweifelt. Auf Landesverrat steht lebenslänglich.

Hilferufe von Angehörigen hat auch das Komitee der Soldatenmütter erhalten. Russische Soldaten, so die Vorsitzende, Valentina Melnikowa, dürften erst nach Erhalt eines schriftlichen Befehls mit sozialen Garantien - einschließlich der Höhe der Kampfzulagen - ins Ausland entsandt werden. Ein solches Dokument hätte jedoch niemand bekommen.

Das Verteidigungsministerium zeigte sich »verwundert«. Zurzeit, so Vize-Generalstabschef Nikolai Bogdanowski, gebe es keine Pläne für den Bau einer Luftwaffenbasis in Syrien. Die USA hatten Mittwoch behauptet, die Vorbereitungen dazu liefen bereits. Zuvor hatte auch Außenamtschef Sergei Lawrow erklärt, eine Verstärkung der Militärpräsenz in Syrien, wo Berater syrische Soldaten beim Umgang mit russischen Waffen schulen, stehe derzeit nicht auf der Agenda. Allerdings sei Moskau bereit, wenn Syrien offiziell darum ersuche.

Eine solche Bitte, so der Präsidentensprecher, werde »natürlich im Rahmen der bilateralen Kontakte erörtert und erwogen«. Hintergrund waren frühere Äußerungen von Syriens Außenminister Walid al-Muallim. Im Notfall, so der Diplomat, werde Damaskus »die russische Armee bitten, auf der Seite unserer Kräfte zu kämpfen«. Noch gebe es kein offizielles Ersuchen, so der Kremlsprecher. Vom Einsatz russischer Soldaten in Syrien habe er keine Kenntnis.

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