Pflichtaufgabe Europameister

Auch ohne ihren Star Timo Boll sind die deutschen Tischtennisspieler die EM-Favoriten

  • Dietmar Kramer, Jekaterinburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz des Ausfalls von Rekordsieger Timo Boll wollen und sollen die deutschen Tischtennissportler bei den Europameisterschaften ab diesem Freitag in Jekaterinburg Medaillen und Titel sammeln.

Der Blick geht schon in Richtung Rio de Janeiro. Knapp ein Jahr vor Olympia wollen die deutschen Tischtennisspieler zunächst bei den Europameisterschaften in Jekaterinburg ein Ausrufezeichen setzen. Trotz des Ausfalls von Rekordsieger Timo Boll nach dessen Knieoperation haben sie hinter ihrem Führungsspieler Dimitrij Owtscharow in mindestens der Hälfte aller sechs Konkurrenzen beste Chancen auf Gold.

Im Idealfall könnte am Fuße des Urals nur rund 40 km von der Grenze zum asiatischen Kontinent entfernt der Vierfachtriumph von 2013 in Schwechat sogar noch überboten werden. »Wir haben super Generationen, durch die wir einige Chancen haben. Unser Ziel ist, bei möglichst vielen Entscheidungen mitzureden«, betont der neue Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes, Richard Prause, das Selbstverständnis bei Europas derzeit bestem Verband.

Obwohl die DTTB-Aktiven auf dem Kontinent in den vergangenen Jahren beinahe ähnlich dominant waren wie China auf Weltniveau, warnt der frühere Bundestrainer vor überzogenen Erwartungen: »Andere Nationen können es auch. In keinem Wettbewerb wird der Titelgewinn ein Selbstläufer.«

Große Hoffnungen auf Gold machen sich ab diesem Freitag vor allem Titelverteidiger Owtscharow im Männer-Einzel und bei den Frauen die Mannschaft sowie die aus China stammenden Han Ying (Tarnobrzeg) und Shan Xiaona (Berlin) - beide unter den besten 15 der Welt - im Einzelwettbewerb. Ein dickes Fragezeichen steht nach dem Verzicht Bolls aber hinter dem Mannschaftstitel bei den Männern.

Für Bundestrainer Jörg Roßkopf ist »die Zielstellung Titelgewinn unverändert, weil wir auch ohne Timo stark genug sind«. Auch Owtscharow weist darauf hin, dass die 2014 von Portugal entthronten Seriensieger »vor zwei Jahren auch ohne Timo den Titel geholt haben«. Trotzdem sieht der Weltranglistenfünfte die Vizeweltmeister »nicht eindeutig in der Favoritenrolle. Dass Timo nicht dabei ist, bedeutet für uns einen klaren Nachteil.«

Zumindest sein Rücken bereitet Owtscharow keine größeren Probleme mehr. »Manchmal zwickt es ein wenig, aber insgesamt bin ich gut im Saft«, sagte »Dima«. Entsprechend rechnet sich der 27-jährige Olympiadritte auch gute Chancen auf seinen zweiten EM-Einzeltitel aus: »Ich bin der Gejagte, weil ich zuletzt alle wichtigen Turniere in Europa gewonnen habe. Ich bin zwar nicht so stark wie 2013, aber bei den Europaspielen im Sommer in Baku habe ich auch gewonnen, ohne in Topform gewesen zu sein.«

Spitzenleistungen erwartet auch Frauen-Bundestrainerin Jie Schöpp von ihren Spielerinnen. »Der Mannschaftstitel sollte für uns Pflicht sein«, meint die Ex-Nationalspielerin ohne Umschweife. Wenn Han und Shan zudem im Einzel ihre Positionen der Setzliste erfüllen, wäre zudem das erste Einzelgold für eine Deutsche seit sechs Jahren perfekt.

Darauf schielt auch schon German-Open-Siegerin Petrissa Solja (Berlin) als Geheimtipp: »Ich war beim Europe Top 16 Cup schon Zweite und habe jetzt schon viele Topspielerinnen geschlagen. Es ist auch schon ein Ziel, einmal Europameisterin zu werden. Ob es dieses Jahr schon klappt, muss man aber noch abwarten.« SID/nd

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