nd-aktuell.de / 30.09.2015 / Ratgeber / Seite 22

Künstliche Befruchtung wird zu 50 Prozent erstattet, aber ...

Urteile im Überblick

Zur künstlichen Befruchtung hat es zuletzt zwei aktuelle Urteile von Landessozialgerichte gegeben.

So entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az. L 9 KR 9/13) in einem am 24. August 2015 veröffentlichten Urteil, dass Ehepaare, die getrennt privat und gesetzlich krankenversichert sind, bei einer künstlichen Befruchtung einen in der Summe nicht mehr als hälftigen Zuschuss bekommen.

Damit die gesetzliche Versicherung einen Kostenzuschuss gewährt, gilt für die Frau eine Altersgrenze von 40 und für den Mann von 50 Jahren. Das Paar muss zudem verheiratet sein. In der privaten Krankenversicherung gibt es keine Altersgrenzen, und es gilt das »Verursacherprinzip«. Zuständig ist also die Versicherung des unfruchtbaren Partners.

Im konkreten Fall übernahm die private Krankenversicherung des unfruchtbaren Mannes die Hälfte der Gesamtkosten für eine künstliche Befruchtung in Höhe von 6370 Euro. Die gesetzlich versicherte Ehefrau verlangte weitere 4180 Euro von ihrer Kasse. Doch das LSG lehnte dies ab. Hier habe die Krankenkasse des Mannes bereits die Hälfte der Kosten bezahlt. Weitere, von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragende Kosten lägen daher nicht mehr vor.

Jobcenter muss nicht für künstliche Befruchtung zahlen

In einem anderen Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2015 (Az. S 127 AS 32141/12) wurde entschieden, dass Hartz-IV-Empfänger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen die Kosten für eine künstliche Befruchtung bezahlt werden.

Zur Begründung hieß es, eine künstliche Befruchtung gehöre nicht zum Regelbedarf von Hartz-IV-Empfängern. Zudem handele es sich nicht um eine medizinisch notwendige Behandlung.

Geklagt hatten eine Ehefrau und ihr Mann, die beide seit 2010 Sozialleistungen für ihren Lebensunterhalt empfangen und sich ein Kind wünschen, es aber auf natürlichem Weg nicht bekommen konnten. Die Krankenkasse hätte für insgesamt drei künstliche Befruchtungen je 50 Prozent der Kosten übernommen, erklärte das Gericht. Für jeden Versuch hätten 4100 Euro gezahlt werden müssen und damit rund 2050 Euro vom Ehepaar selbst.

Die Kläger sahen sich jedoch nicht dazu in der Lage und beantragten deshalb bei ihrem zuständigen Jobcenter ein Darlehen von rund 2200 Euro. Dieses wurde abgelehnt, woraufhin das Ehepaar klagte.

Das Sozialgericht Berlin bestätigte nun die Entscheidung des Jobcenters. Die Kläger können gegen die Entscheidung noch in Berufung gehen. epd/nd

Laktosefreie Ernährung - kein Mehrbedarf

Ist ein Kind laktoseintolerant, so kann die Mutter keine Ansprüche wegen Mehraufwand gegen den Sozialträger geltend machen.

So urteilte das Sozialgericht Freiburg (Az. S 15 AS 3600/13 ZVW) und wies die Klage einer Alleinerziehenden zurück.

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtet, lebt eine Mutter mit ihrer Tochter in einer Bedarfsgemeinschaft und bekommt Arbeitslosengeld. Die Tochter entwickelte eine Laktoseintoleranz und muss auf Milchprodukte verzichten. Die Mutter forderte daraufhin zusätzliche Unterstützung, da laktosefreie Nahrung teurer sei als normale Milchprodukte. Es seien pro Monat etwa 30 Euro mehr nötig, wenn man die Essgewohnheiten der 17-Jährigen zugrunde lege.

Der Sozialträger weigerte sich jedoch. Die Tochter müsse nicht zwangsläufig andere Nahrungsmittel essen, sie müsse lediglich auf solche mit Milcheiweiß verzichten. Daraus könne kein Mehraufwand entstehen. Die Mutter sah das allerdings anders und ging vor Gericht.

Das Sozialgericht Freiburg entschied aber, dass die Ansprüche der Mutter unbegründet seien. Ein Gutachter bestätigte, dass auf alle Milchprodukte außer Milch selbst verzichtet werden könne, ohne dass sich das negativ auf die Entwicklung eines Teenagers auswirke. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt sieben bis zehn Liter Milch in der Woche. Ersetze die Mutter diese nun durch laktosefreie Milch, die durchschnittlich 26 Cent mehr kostet, belaufen sich die zusätzlichen Ausgaben auf höchstens 2,60 Euro monatlich.

»Eine so geringe Summe rechtfertigt keinen Mehraufwand, der durch zusätzliche Leistungen mitgetragen werden muss«, erklärt Rechtsanwältin Vera Belsner die gesetzliche Grundlage. Der Mutter könne zugemutet werden, für diese Mehrkosten selbst aufzukommen. D-AH/nd