Wie die Bundesliga an Reiz verliert

Dortmund gratuliert dem FC Bayern nach dem 1:5 in München zur Meisterschaft

Der FC Bayern ist der Konkurrenz schon wieder enteilt. Weil er sich erstklassig verstärkt hat und weil sich die Gegner gegenseitig das Wasser abgraben müssen.

Die Blicke der meisten deutschen Fußballfans richten sich in den kommenden Tagen nach Dublin. Nicht besonders bang - kaum jemand zweifelt noch an der Qualifikation der Nationalmannschaft für die Europameisterschaft 2016. Aber etwas Spannung bietet das Duell am Donnerstag mit den Iren, die sich selbst auch noch direkt für das Turnier qualifizieren können, schon noch. Sollte die DFB-Elf verlieren, kann sie sich jedoch am Sonntag in Leipzig gegen Georgien noch nach Frankreichs schießen.

Interessierte Blicke von Fußballfans aus 207 Ländern waren am Sonntagabend nach München gerichtet. Das Spitzenspiel der Bundesliga zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund firmiert mittlerweile weltweit als »Der Klassiker« - und wird entsprechend vermarktet. Nach der sehr schwierigen Vorsaison schien der neue BVB unter Trainer Thomas Tuchel auch auf gutem Weg, wieder ein ernstzunehmender Gegner für den Rekordmeister zu werden. Rund 900 Millionen Zuschauer bekamen ein gutes Spiel zu sehen. Und sechs Tore - fünf für die Münchner, ein Ehrentreffer für die durchaus engagierten Borussen.

Spannung im Kampf um die Schale oder zumindest die Hoffnung auf ein so lange wie möglich offenes Titelrennen? Nach dem achten Spieltag der 1. Bundesliga ist ein viertes einsames Jahr des FC Bayern an der Spitze wahrscheinlicher. Nach dem 5:1 gegen Dortmund und der 0:3-Niederlage der Schalker gegen Köln haben die Münchner sieben bzw. acht Punkte Vorsprung auf den Zweiten und Dritten der Tabelle. Selbst haben sie alle Spiele gewonnen und grüßen mit einem Torverhältnis von 28:4 souverän von der Spitze. Wer auch noch die Pressekonferenz nach der Partie erlebt hat, dem wird vielleicht etwas die Lust an der Bundesliga vergangen sein. Tuchel gratulierte dem Gegner schon mal zur Meisterschaft: »Nein, die Münchner sind natürlich nicht zu stoppen. Das ist in der Summe zu gut.«

Diese Position hat sich der FC Bayern erarbeitet. Wie angekündigt, hat er sich nach den zwei Dortmunder Titelgewinnen 2011 und 2012 die nationale Vormachtstellung zurück erkämpft. Dass er den Abstand gar vergrößert hat, liegt an der gezielten Schwächung des Rivalen. Bezeichnenderweise erzielten mit Robert Lewandowski und Mario Götze zwei ehemalige BVB-Stars zusammen drei Tore, den Rest erledigte Thomas Müller.

Im Sommer hatten die Münchner auch um Kevin de Bruyne gebuhlt. Die Aufgabe, den aufstrebenden Konkurrenten VfL Wolfsburg zu schwächen, übernahm letztlich Manchester City. Der Vorjahreszweite tut sich entsprechend schwer und hat auf Platz neun liegend schon zwölf Punkte Rückstand auf die Bayern. Die bislang großzügig von VW unterstützten Niedersachsen hatten sich auf der Suche nach Ersatz für den überragenden Belgier mit Julian Draxler bei Schalke und mit Max Kruse in Mönchengladbach bedient. Die Borussia vom Niederrhein wiederum war vergangene Saison die einzige Mannschaft, die aus den Duellen mit den Münchnern vier Punkte geholt hatte. Nach einem katastrophalen Fehlstart und der Demission von Trainer Lucien Favre erholt sich der Klub langsam, ist bei schon 15 Zählern weniger aber auch längst kein Bayern-Verfolger mehr.

Während sich die Gegner gegenseitig das Wasser abgraben, ist der FC Bayern in der Lage, sich mit Weltklassespielern wie Arturo Vidal oder Douglas Costa aus dem Ausland zu verstärken. Mit Blick in die Zukunft und auf die Qualität der Ersatzbank sind noch so vielversprechende Talente wie Kingsley Coman und Joshua Kimmich hinzugekommen. Angeführt von Trainer Pep Guardiola bietet die Münchner Mannschaft dann auch meist hervorragenden Fußball. Aber wen interessiert das auf Dauer, wenn der Meister schon vorher feststeht? Mit seiner Überlegenheit schadet sich der FC Bayern auch selbst. Durch eine bessere Auslandsvermarktung, der einzig verbliebene große Wachstumsfaktor der Liga, hoffen die Münchner finanzielle Nachteile gegenüber der europäischen Konkurrenz etwas auszugleichen. Denn: Ohne den Sieg oder zumindest die Finalteilnahme in der Champions League gilt eine Saison in München mittlerweile als verschenkt.

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