Späte Razzia bei VW in Wolfsburg

Umwelthilfe kündigt Klage gegen Kraftfahrtamt an

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Wolfsburg/Worms. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat am Donnerstag wegen des Abgas-Skandals bei Volkswagen Durchsuchungen in Wolfsburg und anderen Orten gestartet. Ziel sei die Sicherstellung von Unterlagen und Datenträgern gewesen, teilte die Behörde mit. Sie ist demnach auf der Suche nach Informationen über die genaue Vorgehensweise der an der Manipulation der Abgaswerte beteiligten VW-Mitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft hat gegen noch unbekannte VW-Verantwortliche ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mitte September war bekannt geworden, dass VW in den USA Abgaswerte von Dieselfahrzeugen durch eine Software manipuliert hatte, die bei Tests zu einem niedrigeren Schadstoffausstoß als im Normalbetrieb führte.

Volkswagens Manipulations-Software konnte einem Bericht zufolge auch Abgastests in Europa austricksen. Der Autobauer hat laut NDR, WDR und »Süddeutscher Zeitung« eingeräumt, dass das Programm zur zeitweisen Senkung der Stickoxide in den Abgasen auch einen gezielten Nutzen in Europa hat. Ob und wie weit diese Software tatsächlich unerlaubt eingreife, sei aber noch Gegenstand der internen und externen Prüfungen.

Derweil forderte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel von VW mehr Transparenz bei der Aufklärung der Affäre. »Ich teile die Auffassung der Arbeitnehmervertreter, der Betriebsräte und der IG Metall, dass es ein offensives Vorgehen des Konzerns geben muss - nicht erst auf Nachfrage«, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Wolfsburg nach einem Treffen mit dem Weltkonzernbetriebsrat.

Wie Gabriel weiter mitteilte, prüft die Bundesregierung wegen der Abgas-Krise die Ausweitung der Kurzarbeitsregeln auf Leiharbeiter. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bereite Vorschläge vor. Ziel der Politik und des Konzerns müsse die Beschäftigungssicherung sein. In Krisensituationen verloren Leiharbeiter bislang meist als erste ihren Job. Gabriel betonte, am Ende dürfe es nicht dazu kommen, »dass die Beschäftigten den Preis zahlen sollen, dafür dass es massives und strafbares Verhalten der Manager gegeben hat«.

Für mögliche Steuerschäden durch die Abgas-Manipulationen soll nach Ansicht von Nordrhein-Westfalens Landesregierung der Konzern und nicht der Steuerzahler geradestehen. Wegen der von VW eingestandenen Manipulationen könnten Kfz-Steuern zu niedrig festgesetzt worden sein, heißt es in einem Brief von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Die Verkehrsminister von Bund und Ländern beraten derweil bei ihrer bis Freitag laufenden Herbsttagung über bessere Messverfahren, die den realen Stickoxidausstoß von Autos »im Betrieb abbilden«, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Christian Pegel (SPD). Den Verkehrsministern liege dazu auch ein Beschluss der Länderumweltminister vom Mai vor. Baden-Württembergs Ressortchef Winfried Hermann (Grüne) hatte als Reaktion auf die Enthüllungen eigene Messprogramme und überraschende Tests angekündigt.

Die Deutsche Umwelthilfe hat derweil dem Kraftfahrtbundesamt Untätigkeit vorgeworfen. Seine Organisation werde den »amtlichen Rückruf aller von VW manipulierten Fahrzeuge vom Kraftfahrtbundesamt juristisch erzwingen«, kündigte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch an. Eine Klage werde es geben, wenn das KBA »akzeptieren sollte, dass die Umrüstarbeiten an den Fahrzeugen von VW lediglich freiwillig vorgenommen werden«. Agenturen/nd

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