Das Haus des Friseurs

Serbien entschädigt enteignete Donauschwaben

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebene Deutsche erhalten in Serbien ihr Eigentum zurück oder werden entschädigt. Die ersten Verfahren von Donauschwaben sind abgeschlossen.

Es schien, als würde Josef Springer den letzten Wunsch seines 1964 verstorbenen Vaters niemals erfüllen können. Der Oberösterreicher hatte keine Chance, das elterliche Friseurgeschäft und Grundstück samt Wohnhaus im serbischen India in der Vojvodina zurückzubekommen. Die Springers waren nach dem Zweiten Weltkrieg wie Hunderttausende andere Donauschwaben enteignet und vertrieben worden. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Tod des Vaters stehen die Chancen jetzt aber gut für eine Rückgabe des 1945 verlorenen Familieneigentums. Denn Serbien macht reinen Tisch. Es bewältigt Kapitel seiner Nachkriegsvergangenheit nicht nur mit Worten des Bedauerns, sondern mit tätiger Reue. Donauschwaben werden rehabilitiert und erhalten ihr Eigentum zurück.

Viele wollten es nicht glauben und haben erst gar keinen Antrag gestellt. Josef Springer tat es. Er ist einer von 2200 Donauschwaben aus Österreich und Deutschland, die der Linzer Anwalt Ralf Brditschka mit seinem serbischen Kollegen Nikola Bozic vertritt. Während sich Springer noch etwas gedulden muss, wurden die ersten Restitutionsverfahren schon abgeschlossen. In der serbischen Kleinstadt Kula erhält eine donauschwäbische Familie 3000 Quadratmeter Grund zurück. In Apatin an der Donau gehen gar 250 Hektar Agrarfläche an heute in Karlsruhe lebende Nachfahren eines Donauschwaben. Bei Preisen von 15 000 Euro pro Hektar ist die Naturalrestitution keine Kleinigkeit.

Obwohl die Rechtsgrundlage in Serbien mit dem 2011 verabschiedeten Rehabilitations- und Restitutionsgesetz eindeutig ist und Ausländer mit Inländern völlig gleichgestellt sind, ist es nicht immer einfach, zu seinem Recht zu kommen. Brditschka verweist etwa darauf, dass eine Liegenschaft nur genauso zurückgegeben werden kann, wie sie seinerzeit enteignet wurde. Da sich Grundstücksgrenzen in den 70 Jahren seither verschoben und Eintragungen in Grundbüchern oft ungenau sind, ergeben sich Probleme. Eine bereits geplante Gesetzesänderung könnte Abhilfe schaffen.

Relativ unproblematisch ist die Rehabilitierung. Serbien hat auf eine Beweislastumkehr verzichtet. Von einer Restitution ausgeschlossen sind nachweislich in Kriegsverbrechen verwickelte Personen. »Wenn es keine Dokumente gibt, die einen belasten, ist die Rehabilitation gesichert«, so Anwalt Bozic. Ist eine Naturalrestitution nicht möglich, weil etwa ein Grundstück nicht verfügbar ist oder Gebäude nicht mehr stehen, gibt es Entschädigung. Serbien hat dafür zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

Entschädigung gibt es auch für jene, die in der Zeit der Herrschaft von Josip Broz Tito in Lagern festgehalten wurden. Das kann bis Ende 2016 beantragt werden. Auch Hinterbliebene von in Lagern umgekommene Donauschwaben werden entschädigt. Die Summen müssen noch von Gerichten bemessen werden.

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