Die dunkle Seite der Schokolade

Sammelklage gegen Hersteller - sie sollen endlich etwas gegen Kinderarbeit tun

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Verbraucher in Kalifornien haben eine gemeinsame Klage gegen Nestlé, Mars und Hershey’s eingereicht. Sie werfen den Schokogiganten vor, auf Kakaobohnenplantagen Westafrikas Sklavenarbeit von Kindern zuzulassen.

Drei Kalifornier haben eine Sammelklage gegen den Schokoladenhersteller Hershey’s und dessen Konkurrenten eingereicht. Die Firmen hätten sich der irreführenden Werbung schuldig gemacht, weil ihre Verpackungen nicht hervorheben, dass ihre Produkte mit Hilfe von Kindersklavenarbeit in Westafrika hergestellt werden, heißt es in der Klageschrift. »Amerikas größte und gewinnträchtigsten Nahrungsmittelkonzerne sollten Kinderarbeit und erst recht Kindersklaverei in keiner ihrer Versorgungsketten tolerieren.« Sie sollten gegenüber bekannten Menschenrechtsverletzungen kein Auge zudrücken, besonders »wenn die Firmen beständig und repräsentativ damit werben, dass sie in einer sozial und ethisch verantwortlichen Art und Weise handeln«.

Die Kritiker wollen vor Gericht erreichen, dass den Kaliforniern, die die Schokolade gekauft haben, Schadensersatz zugesprochen wird. Außerdem sollen die Hersteller verpflichtet werden, die Verpackungen zu überarbeiten und von nun auf die Kindersklavenarbeit hinzuweisen.

Die dunkle Seite der Schokoladenbranche wurde bereits vor 15 Jahren in der Dokumentation »Slavery: A Global Investigation« aufgedeckt. Die Enthüllungen führten zu großem öffentlichem Entsetzen - nicht zuletzt bei den Schokoladenherstellern selbst. Im Juni 2001 versicherte der Vizepräsident von Her-shey’s, Robert M. Reese, gegenüber dem »Philadelphia Inquirer«: »Niemand, ich wiederhole niemand, hat je zuvor davon gehört.« Nachdem man dann endlich eigene Untersuchungen angestellt hatte, verpflichteten sich acht Hersteller, darunter Hershey’s, Nestlé und Mars, in einem sogenannten Kakao-Protokoll dazu, bis 2005 jeglicher Sklaverei in ihren Versorgungsketten ein Ende zu bereiten. Als dieser Zeitpunkt nahte, hatten die Industriegiganten allerdings noch immer keine größeren Änderungen in Gang gesetzt, und auch die Verlängerung bis 2008 brachte kaum Besserung. 2010 unterschrieben die Firmen dann ein neues Abkommen, in dem sie gelobten, die »schlimmsten Formen der Kinderarbeit« beim Kakaoanbau in Ghana und der Elfenbeinküste bis 2020 um 70 Prozent zu verringern.

»Kinder, die manchmal noch nicht einmal zehn Jahre alt sind, tragen riesige Säcke, die so groß sind, dass sie ihnen ernsthafte körperliche Schäden zufügen«, heißt es in der Klageschrift der Kalifornier über die aktuellen Zustände. »Ein Großteil der weltweiten Schokolade wird uns wortwörtlich durch die Knochenarbeit von Kindersklaven gebracht.« Die Klage beschreibt detailliert das Leben von rund 4000 Kindern, die den Angaben zufolge unter Zwangsarbeit in der Elfenbeinküste Kakao ernten.

Tatsächlich gibt es heute mehr minderjährige Arbeiter in der 90 Milliarden Dollar schweren Schokoladenbranche als je zuvor. Laut eines Berichts des Payson-Centers für Internationale Entwicklungen der Tulane Universität in New Orleans arbeiteten 2013/2014 insgesamt 1,4 Millionen Kinder in der Branche, ein Anstieg um 51 Prozent gegenüber 2008/2009. 1,1 Millionen der Minderjährigen bezeichnen die Forscher als Sklaven. Fazit der Studie: Trotz gewisser Fortschritte sei die Schokoladenbranche nicht einmal »in Reichweite« der Reduzierung von Kindersklaverei in der Schokoladenproduktion gekommen.

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