Kreistag macht Platz für Flüchtlinge

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Improvisation ist gefragt, um die Neuankömmlinge fürs erste unterzubringen, die Heime sind längst belegt. Auch Zelte taugen nicht mehr als Notunterkunft, seit es die ersten Fröste gibt.

Der Landkreis Oberhavel greift jetzt auch zu spektakulären Maßnahmen, um Notunterkünfte für neu ankommende Flüchtlinge zu schaffen: Nachdem Landrat Ludger Weskamp (SPD) Ende September im Kreistag verkündet hatte, dass die Aufnahmekapazitäten in den Heimen und Wohnungen erschöpft sind, ist nun der Plenarsaal des Parlaments in Oranienburg leer geräumt worden.

Der Kreistag macht Platz für Menschen in Not. Dort, wo sonst die Abgeordneten aller Fraktionen tagen, sollen - wenn es gar nicht mehr anders geht - übergangsweise Asylsuchende schlafen. Es ist ein Signal an die Adresse der Verantwortlichen in Land und Bund. In der ZDF-Sendung »Bericht aus Berlin« erklärte Weskamp dazu am Sonntagabend: »Ich möchte Menschen so nicht unterbringen. Das heißt, den eigenen Anspruch, den wir an die Unterbringung von Menschen haben, können wir jetzt nicht mehr erfüllen.« Zumal auch die Zahl solcher sozialen Räume begrenzt sei. »Und ich möchte es auch vermeiden, in Sporthallen zu gehen, was dann dazu führt, dass unmittelbare Beeinträchtigungen bei unseren Kindern und Jugendlichen ankommen.«

»Die Abgeordneten tagen einstweilen in der Aula des Runge-Gymnasiums«, erklärte eine Sprecherin der Kreisverwaltung. Doch eine Dauerlösung sei das nicht. Mit Stand vom 30. September verfügte der Landkreis über 1339 reguläre Plätze in Heimen und Wohnungen, gemeldet waren 1265 Flüchtlinge und Asylbewerber (von den 857 in diesem Jahr gekommen sind). Jedoch rechne der Kreis selbst damit, dass bis Jahresende noch weitere 1063 Asylsuchende hinzukommen. Seit Ende September gehe man von einer wöchentlichen Zuweisung von 200 Flüchtlingen aus - 100 reguläre Zuweisungen sowie darüber hinaus bis zu 100 aus der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt.

Auf gleich drei Einwohnerversammlung hat der Landrat in der vergangenen Woche um Verständnis und Solidarität geworben - in Schildow, Fürstenberg und Vehlefanz. Vor knapp zwei Wochen sind in Zootzen bei Fürstenberg 50 Flüchtlinge im Schullandheim »Waldhof« einquartiert worden, das bis Ende April 2016 als Notunterkunft dienen soll. Für 100 Personen wurde in Schildow im Bürgersaal sowie in der Sporthalle der benachbarten Europaschule Platz geschaffen, und in Birkenwerder wird in einem als Asylunterkunft genutzten Wohnhaus die Kapazität durch Aufstellung von Doppelstockbetten von 40 auf 80 Plätze verdoppelt. »Verdichtet« wird auch in Lehnitz. Dort wird die Sporthalle der ehemaligen Bundeswehrkaserne für die Aufnahme von weiteren 96 Asylsuchenden vorbereitet. Das auf dem Kasernengelände bestehende Flüchtlingsheim ist mit 230 Bewohnern restlos ausgelastet.

Inzwischen sind in Brandenburg keine Flüchtling mehr in nicht beheizbaren Zelten untergebracht. Diese Zelte seien angesichts der Witterung am Wochenende, wie angekündigt, geräumt worden, bestätigte eine Sprecherin des Innenministeriums dem »nd«.

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