nd-aktuell.de / 14.10.2015 / Ratgeber / Seite 23

Dauer der Betriebszugehörigkeit ausschlaggebend

Streitfälle in Sachen Kündigung

Leitet ein Anästhesie-Pfleger eigenmächtig die Narkose ein, ohne auf den Facharzt zu warten, so stellt das einen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Allerdings dann nicht, wenn der Mann bereits 24 Jahre lang tadellos für den seinen Arbeitgeber tätig war.

Das beschloss das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Az. 7 TaBV 29/15). Wie die Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtet, arbeitete ein Anästhesie-Pfleger seit 24 Jahren in einer Klinik. Er war unterdessen zur leitenden Pflegekraft aufgestiegen.

Seine Hauptaufgabe war es, Patienten vor einer anstehenden Operation in Narkose zu versetzen. Nach den seit 2002 geltenden Regeln musste dafür allerdings auch immer ein Facharzt anwesend sein. Bei einer OP jedoch verzichtete der Mann auf den Arzt und führte die Narkose, wie schon in der Zeit vor 2002, selbstständig herbei. Dies betrachtete sein Arbeitgeber als Grund für eine fristlose Kündigung. Doch sowohl Betriebsrat als auch der Pfleger selbst wollten das nicht hinnehmen.

Das LAG Hamm gab ihnen Recht. Denn das Gericht könne die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats nur kippen, wenn die Gründe für eine außerordentliche Kündigung erfüllt seien. Der Arbeitgeber müsse also beweisen, dass eine Weiterbeschäftigung des Pflegers für ihn unzumutbar ist.

»Etwa wenn das Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerstört ist oder Wiederholungsgefahr besteht«, erklärt dazu Rechtsanwältin Andrea Brümmer. Dies sei hier aber nicht der Fall, so das Gericht.

Denn der Anästhesie-Pfleger habe bereist 24 Jahre tadellos für seinen Arbeitgeber seine Leistung erbracht. Eine Abmahnung oder die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz wären ein angemesseneres Mittel gewesen. D-AH/nd

Altenpflegerin schläft beim Nachtdienst

Schläft eine Altenpflegerin während ihrer Nachtschicht ein, kann das ein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Zumindest dann, wenn sie vorher noch die Betten der Bewohner von der Notklingel wegschiebt, um nicht geweckt zu werden.

So urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Az. 5 Sa 637/14). Wie die Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtet, war eine Altenpflegerin zum Nachtdienst eingeteilt. Doch anstatt ihre Arbeit aufzunehmen, rückte die 58-Jährige die Betten zweier Bewohnerinnen so von der Wand weg, dass diese die Notklingel nicht mehr bedienen konnten. Die Altenpflegerin verzichtete auch darauf, den Bewohnern vor dem Schlafen Wasser zu bringen.

Stattdessen schaffte sie einen Ruhesessel aus dem Untergeschoss in den Aufenthaltsraum und legte sich schlafen. Als der Vorfall aufflog, kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Dagegen wehrte sich die Frau vor Gericht.

Doch das LAG Rheinland-Pfalz stellte sich auf die Seite der Heimleitung und bestätigte die fristlose Kündigung. Die Pflegerin habe ihre arbeitsvertragliche Pflicht erheblich verletzt. Daher ist auch eine vorherige Abmahnung nicht nötig. »Es handelt sich dabei um einen wichtigen Kündigungsgrund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt«, erklärt Rechtsanwalt Frank Böckhaus.

Besonders schwer wiege hier, dass die Frau die Betten der Bewohnerinnen von der Notklingel weggeschoben hatte, um ungestört schlafen zu können. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Frau und ihrem Arbeitgeber sei unheilbar zerstört, was eine fristlose Kündigung rechtfertigt, so das Gericht. D-AH/nd