nd-aktuell.de / 15.10.2015 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Arme Kinder werden häufiger gemobbt

OECD-Studie untersucht Wohlergehen von Jugendlichen

Simon Poelchau
Jedes siebte Kind in den reichen Industrieländern lebt in relativer Armut. Dies hat Auswirkungen auf seine Chancen im Leben.

Eigentlich geht es den Heranwachsenden hierzulande relativ gut. In keinem anderen reichen Industrieland gibt es eine so niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Und auch wenn Deutschland bei der Bekämpfung der Kinderarmut auf der Stelle tritt, so ist ihre Rate doch nur in nordeuropäischen Ländern wie Schweden oder Finnland niedriger. Dies ist zumindest das Fazit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Bericht »How’s life?« den sie am Mittwoch veröffentlichte. Wäre da nicht die Frage nach der subjektiven Zufriedenheit. Diese beantworteten die Elf-, Dreizehn- und Fünfzehnjährigen in Deutschland sehr negativ. Im Vergleich zu den anderen 33 OECD-Ländern ist die Stimmung unter jungen Teenagern nur in der Türkei, Polen und Kanada noch schlechter als hier.

In ihrem Bericht analysiert die OECD mit Hilfe von elf international vergleichbaren Indikatoren die Lebensbedingungen der Menschen in ihren Mitgliedsstaaten sowie Russland und Brasilien. Seit 2011 erscheint die Studie alle zwei Jahre. Dahinter steht der Versuch, den gesellschaftlichen Fortschritt jenseits traditioneller Maßstäbe wie dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu messen.

Dabei ist die Wirtschaftsleistung jedoch nicht ganz unbedeutend: Zumindest die materiellen Bereiche des Wohlergehens wie Einkommen, Vermögen oder Wasserqualität wachsen nämlich laut Bericht mit dem Pro-Kopf-BIP. Alles in allem gibt es in Sachen Wohlergehen laut OECD zwar keine überragenden Champions, doch manche Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz schneiden besser ab als andere wie Chile, Mexiko, Türkei und Griechenland.

In ihrem diesjährigen Bericht widmet sich die OECD vor allem der Betrachtung des Wohlergehens der Kinder. »Die Politik wird es nicht schaffen, eine bessere Gesellschaft zu errichten, wenn sie sich nicht um die Belange aller Mitglieder dieser Gesellschaft kümmert - vor allem um jene der Jüngsten«, begründet dies OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Der Kampf gegen Ungleichheit beginne damit, sicherzustellen, dass jeder die Möglichkeit hat, sein Leben von früh an zu gestalten. Schließlich lebt jedes siebte Kind in den OECD-Ländern in relativer Armut und Kinder aus wohlhabenden sowie gebildeteren Familien fühlen sich in den Schulen häufiger wohler und sind oft gesünder als Kinder aus einfacheren Verhältnissen.

In Deutschland ist die Kluft zwischen armen und reichen Kindern dabei besonders groß. So werden hierzulande 13,9 Prozent der Kinder aus einkommensschwachen Haushalten gemobbt. Bei den Sprösslingen der wohlhabenden Familien sind es lediglich 8,4 Prozent. Im OECD-Schnitt sind es bei den armen Kindern 12,4 Prozent, die in den beiden Monaten vor der Umfrage mindestens zweimal verbal oder physisch angegriffen worden, bei den Reichen waren es 9,4 Prozent.

Auch wenn das Wohlergehen der Kinder meist Hand in Hand geht mit dem Wohlergehn der Erwachsen, so gibt es doch Ausnahmen von der Regel: In den USA, Kanada und Luxemburg geht es den Kindern weitaus schlechter als den Erwachsenen.