Des Kaisers neue Kleiderkammer

Seit 2013 wird das Schloss Babelsberg umfassend saniert - jetzt sind die Außengerüste gefallen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Das letzte Sanierungs-Großobjekt der Potsdamer Stiftungsschlösser kann nun wieder ohne Baugerüst betrachtet werden: Das Babelsberger Schloss im gleichnamigen Park zeigt sich in alter Schönheit.

»Das Schloss ist nun in seiner Substanz gesichert, und wir sind dabei im Kostenrahmen geblieben.« Für den Generaldirektor der Schlösserstiftung Hartmut Dorgerloh war es sichtlich ein Genuss, dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch die Baufortschritte zu zeigen, die in den zwei Jahren seit Beginn der Sanierungsarbeiten am Schloss Babelsberg erreicht wurden. »Das Kaiserschloss ist wieder da.«

Das Babelsberger Schloss in der Form einer mittelalterlichen Burganlage gehört zu den jüngeren Anlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Das imposante Gebäude überstand 1945 die Bombardierung Potsdams unbeschadet und führte hernach in unmittelbarer Nähe der Berliner Mauer ein Dasein als »Museum für Ur- und Frühgeschichte«. Wenige hundert Meter entfernt errichtete die DDR die Akademie für Staat und Rechtswissenschaft, die 1991 in der Universität Potsdam aufgegangen ist.

Nach der Übersiedlung des Museums nach Wünsdorf (Teltow-Fläming) begann 2013 die Sanierung der ehemaligen Sommerresidenz Kaiser Wilhelms I. (1797-1888), in der einst die Sozialgesetzgebung und das Sozialistengesetz vorbereitet wurden, wie Generaldirektor Dorgerloh mitteilte. Ministerpräsident Woidke, der ja der Nachfolgepartei der seinerzeit bedrängten und verbotenen Sozialdemokraten angehört, scheint diesbezüglich aber keinen Groll mehr zu hegen. Er erinnerte an das Sonderinvestitionsprogramm, das der Schlösserstiftung 2006 stolze 155 Millionen Euro zugesprochen habe. Damit könne historische Substanz erhalten und »die Attraktivität des Landes erhöht« werden. Er sei Lausitzer und verfüge in der Nähe des Babelsberger Parks über eine Zweitwohnung, verriet Woidke. Für ihn sei es ein besonderer Genuss, daheim den von Fürst Pückler gestalteten Park Branitz zu bewundern. Er erfreue sich aber auch am Babelsberger Park, der ja ebenfalls Pücklers Handschrift trage. Zur Erinnerung daran richtet das Schloss 2017 eine Sonderausstellung über den Gartenkünstler Hermann Fürst von Pückler-Muskau aus.

Weil das Babelsberger Schloss um 1840 errichtet wurde, sind ihm bürgerliche Annehmlichkeiten wie Bäder, Toiletten und Kleiderkammer nicht fremd geblieben. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war sie vorbei, die Zeit, als der Adel seine menschlichen Bedürfnisse einfach in irgendeiner Schloss- oder Parkecke erledigte oder Lakaien mit entsprechenden Auffangeimern zur Stelle sein mussten. Im Zuge der Umbauten haben die Fenster auch wieder die Kassettenstruktur verloren, die sie nach dem Krieg bekommen hatten, und ihre historisch originalen großen Glasflächen zurückerhalten, die einen unverstellten Blick auf den Park und die Havel gestatten.

Der Schlosspark sei durch die deutsche Teilung »stark geschädigt« worden, sagte Dorgerloh, womit er nicht nur die Fremdnutzung durch die Akademie, sondern auch die Grenzanlagen meinte, die wenige hundert Meter vom Schlosseingang entfernt verliefen. Vor 25 Jahren wurden die Potsdamer Schlösser und Gärten Weltkulturerbe - die DDR hatte noch den Antrag gestellt.

Laut Dorgerloh werde der bevorstehende Innenausbau des Schlosses, der zu einer möglichst großen Annäherung an den Originalzustand führen soll, rund 30 Millionen Euro kosten. Das Investitionsprogramm laufe im kommenden Jahr aus - er sei aber sicher, dass es weitergehen werde. Dies sei auch nötig, um Planungen vornehmen zu können. »Der Bund hat den Gesamtbedarf der Stiftung mit 30 Schlössern und 300 weiteren Gebäuden auf 350 Millionen Euro taxiert«, sagte Woidke. »Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.«

In die Stiftungsfinanzierung teilen sich Bund (42 Prozent) Brandenburg (36,5 Prozent), Berlin steuert die verbleibenden 21,5 Prozent dazu. Ursprünglich war vorgesehen, Brandenburg deutlich weniger und Berlin deutlich mehr zur Kasse zu bitten. Doch weil die damalige Landesregierung zu lange genörgelt hatte, versteifte sich Berlin am Ende auf die heute gültige Anteilsstruktur.

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