Arbeiten nah am Wohnort

Vermeidung von Verkehr soll im Landesentwicklungsplan berücksichtigt werden

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Dass Beschäftigte zur Arbeit weite Wege pendeln müssen, ist weder ökologisch noch ökonomisch, weiß Brandenburgs Verkehrsministerin Kathrin Schneider (für SPD).

In Brandenburg sollen die Menschen wieder näher am Arbeitsort ihre Wohnung suchen. Dies diene »langfristig der Verkehrsvermeidung«, sagte Verkehrsminister Kathrin Schneider (für SPD) am Mittwoch bei einer Konferenz der Industrie- und Handelskammer Potsdam.

Was für die DDR typisch war, scheint damit nun wieder stärker in den Fokus der Politik zu rücken. Das Zersiedeln der Landschaft und die weiträumige Trennung von Arbeitsstelle und Wohnort sind weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Außerdem verlängert es den Arbeitstag für hunderttausende Menschen zum Teil beträchtlich. An dieser Stelle »werden wir in gewisser Hinsicht umdenken müssen«, sagte die Ministerin bei der Konferenz vor kommunalen Verkehrsexperten. Diese Überlegung werde Bestanteil der Überarbeitung des Landesentwicklungsplans von Berlin und Brandenburg sein, der ihre Arbeit derzeit »sehr spannend« mache.

Aber: »Wir werden nicht jeden Betrieb ans Schienennetz anbinden können und auch nicht jeden der rund 3000 Seen in Brandenburg.« Etwa 15 Prozent des Schienenetzes im Bundesland wurden in den vergangenen 25 Jahren stillgelegt.

Auf die Frage aus dem Publikum, ob man stillgelegte Bahnhöfe nicht wieder in Betrieb nehmen könne, sagte Schneider, das werde ohne privates Engagement, das heißt ohne privates Geld, nicht möglich sein. Dafür seien einfach keine Mittel da. Sie berichtete von Beispielen, wo alte Bahnhöfe als Wohnhäuser genutzt oder als Fahrradausleihstation betrieben werden. Eine Neueröffnung als Bahnhof wäre ein kostspieliger Vorgang, den »die Fachpolitik in den Blick nehmen« müsste.

Susanne Henkel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB), trat Befürchtungen entgegen, die Bahn werde künftig über Anschlüsse nur noch via Internet und Apps informieren. Ein vernünftig lesbarer Fahrplan am Bahnhof und eine Uhr, deren Zeitangabe auch stimme, bleibe die Grundlage. »Wir bleiben auch analog.« Doch müsse die Bahn auch die modernen Medien nutzen, denn »was nützt der günstigste Anschluss, wenn es keiner weiß?« Zuvor wurde aus dem Publikum heraus die Forderung erhoben, nicht die gesamte Kommunikation auf das Smartphone abzustellen. Es gebe Menschen, die nicht wollen, dass man nachvollziehen könne, wo sie wann in welchem Zug kontrolliert worden sind.

Ministerin Schneider erzählte, sie selbst fahre privat nicht Auto, nutze also viel den Bus, Züge und Straßenbahnen, auch das Fahrrad. Als Ministerin verfüge sie allerdings über einen Dienstwagen. »Anders geht es gar nicht.«

VBB-Chefin Henkel machte darauf aufmerksam, dass es für die Bahn ein Problem sei, wenn auf einmal 30 Leute mit dem Fahrrad auf den Bahnsteig stehen und »alle in denselben Zug wollen.« Die Tourismusbranche hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass es in Brandenburg inzwischen Regionen gebe, in denen Radwege die Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs schon übertroffen haben.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal