CSU vor Parteitag der Spannungen

Rüffel von Seehofer für Söder sorgt für Aufregung

  • Carsten Hoefer, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Den Christsozialen stehen schwierige Stunden bevor - beim alljährlichen Parteitag am Wochenende in der Münchner Messe. Denn anstelle des gewohnten Festes der Einigkeit dürfen sich die rund 1000 Delegierten in diesem Jahr auf ein gespanntes Treffen einstellen: dominiert von den Terrordiskussionen nach den Pariser Anschlägen, den Auseinandersetzungen mit Kanzlerin Angela Merkel um die Flüchtlingspolitik und einer Attacke von Parteichef Horst Seehofer auf seinen Finanzminister Markus Söder. Die Dramaturgie ist einfach: Am ersten Tag des Treffens wird die CSU Merkel mit einem Leitantrag konfrontieren, in dem Seehofer und Kollegen eine feste Obergrenze für die Aufnahme neuer Flüchtlinge im Jahr 2016 fordern.

Dagegen sträubt sich Merkel bislang mit Händen und Füßen. Dementsprechend werden die Delegierten die Antwort der Kanzlerin gespannt erwarten. Seehofer hat die Devise ausgegeben, die CDU-Vorsitzende freundlich zu empfangen. »Die CSU wird ein guter Gastgeber sein«, so Generalsekretär Andreas Scheuer. Die CSU wolle »gemeinsam mit der CDU diese Megaherausforderung meistern«.

Doch ist fraglich, ob alle Teilnehmer dem Wunsch Seehofers folgen werden. An der CSU-Basis gibt es nach wie vor großen Ärger über die Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen - ein Ärger, der in den vergangenen Wochen auch von Seehofer angeheizt wurde, bevor er die aktuell gültige Friedensorder ausgab. »900 oder 1000 Delegierte im Zaum zu halten, ist nicht einfach«, meint ein Kabinettsmitglied. Schlimmstenfalls seien Pfiffe für Merkel denkbar.

Allerdings haben weder Seehofer noch Merkel Interesse an einem Disput auf offener Bühne. Scheuer jedenfalls wählt deeskalierende Worte: »Die CSU hat schon jetzt viel erreicht. Wir setzen weiter auf die Kraft unserer Argumente zur Begrenzung des Zustroms nach Deutschland.«

Zu den Spannungen mit Merkel kommt nun ein CSU-interner Kriegsschauplatz hinzu. Markus Söder hat Seehofer in den vergangenen Wochen so geärgert, dass der Parteichef diesen im »Donaukurier« öffentlich abkanzelte. Der Finanzminister hatte nach den Terroranschlägen in Paris am Wochenende einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik verlangt. Seehofers Kritik läuft auf eine Schmähung von Söders Charakter hinaus: »Nach solchen Anschlägen wie in Paris verbietet es sich, persönliche und parteipolitische Motive in den Vordergrund zu stellen.« Soll heißen: Dem an Seehofers Nachfolge brennend interessierten Söder ging es nach Einschätzung des Chefs nicht um die Sache, sondern um die Karriere.

Offene Kritik an Seehofer kommt vom Hofer Landtagsabgeordneten Alexander König: »Markus Söder spricht aus, was die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und der CSU-Abgeordneten denkt«, verteidigte er im Landtag den Finanzminister. »Das muss niemanden nervös machen und zu unangemessener Kritik veranlassen.«

An diesem Samstag schlägt die Stunde der Wahrheit: Dann stellt sich der Parteivorsitzende zur Wiederwahl. Manche CSU-Vorstandsmitglieder halten nun einen Dämpfer nicht für ausgeschlossen. Und auch Söders Ergebnis bei den Vorstandswahlen wird mit Spannung erwartet. Bisher lag Söder bei der Vergabe der Vorstandsplätze für die zehn CSU-Bezirksvorsitzenden nie in der Spitzengruppe. Sollte Söder dieses Mal vorne landen, wäre auch das ein Signal. dpa/nd

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