nd-aktuell.de / 02.12.2015 / Ratgeber / Seite 22

Wenn Röntgenbilder verloren gehen

Patientenrechte

OnlineUrteile.de
Im nd-ratgeber vom 4. November 2015 sind wir an dieser Stelle ausführlich auf die Patientenrechte bei Behandlungsfehlern eingegangen. Nachfolgend einige weitere Fälle im Pro und Kontra.

In einem Prozess gegen einen Chirurgen behauptete ein Patient, der Mediziner hätte ihm einen Teil der Schmerzen ersparen können, wenn er die Gallensteine vollständig entfernt hätte. Das Bundeswehrkrankenhaus, in dem er als Privatpatient behandelt worden war, vertrat dagegen den Standpunkt, der Chirurg habe während der Operation den Reststein nicht erkennen können.

»Kein Problem«, dachte sich der Patient, da während des Eingriffs eine Röntgenaufnahme angefertigt worden war: Darauf muss ja der Reststein zu sehen sein. Doch das Röntgenbild war verschwunden. Daher konnte der Patient dem Operateur keinen Kunstfehler nachweisen und verlor zunächst den Prozess gegen den Arzt.

Der Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 341/94) machte ihm jedoch neue Hoffnung Es sei zwar nicht mehr aufzuklären, was mit den Aufnahmen passiert sei. Da der Patient zeitweise in eine Uni-Klinik verlegt worden sei, seien die Röntgenbilder möglicherweise mitgeschickt worden und von dort nicht zurückgekommen. Eventuell seien sie aber auch auf andere Weise verschwunden.

Diese ungeklärte Situation dürfe aber nicht zu Lasten des Patienten gehen, urteilte der BGH. Schließlich sei das Krankenhaus für den Verlust verantwortlich. Es müsse dafür sorgen, dass über den Verbleib der Behandlungsunterlagen jederzeit Klarheit bestehe. Ohne die Röntgenaufnahme könne der Patient nicht beweisen, dass ein Behandlungsfehler vorlag. Da das Krankenhaus die Bilder verschlampt habe, müsse jetzt umgekehrt das Krankenhaus beweisen, dass der Operateur den Reststein nicht erkennen konnte und ihm daher kein Behandlungsfehler unterlaufen sei. OnlineUrteile.de/nd

Arzt haftet nicht für Diagnoseirrtum

Stellt ein Arzt trotz Einhaltung aller medizinischen Standards eine falsche Diagnose, so handelt es sich um einen Diagnoseirrtum. In einem solchen Fall muss der Mediziner nicht für Schäden haften, die aus der falschen Diagnose resultieren.

Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht Hamm (Az. 26 U 2/13), wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (D-AH) berichtet. Im verhandelten Fall hatte sich eine Frau von ihrem Arzt eine Spirale zur Empfängnisverhütung einsetzen lassen. Allerdings wurde sie zwei Jahre später schwanger und Mutter einer gesunden Tochter. Die Verhütungswirkung der Spirale entfiel nämlich, da die Gebärmutter der Frau eine Anomalie aufwies.

Ein Fauxpas des Arztes, wie sich herausstellte: Er hatte eine Anomalie der Gebärmutter genauso wie die Frauenärztin der Mutter nicht erkannt. Die frischgebackenen Eltern waren der Meinung, der Mediziner hätte diese Anomalie bemerken müssen und sei somit an der Schwangerschaft schuld. Das Paar verlangte schließlich Schmerzensgeld, Ersatz für Verdienstausfälle und Unterhaltszahlungen.

Das Oberlandesgericht Hamm sah die Sache aber anders und kassierte damit auch die Entscheidung der Vorinstanz. Der Arzt habe sich gewissenhaft und rechtmäßig verhalten. »Er hätte bei Einhaltung der Richtlinien für eine solche Behandlung nicht auf diese Diagnose kommen müssen«, erklärt Rechtsanwältin Jetta Kasper.

Das Leiden der Mutter sei extrem selten und durch die gebotenen Routineuntersuchungen nur sehr schwer zu erkennen. Zumal die Frau seit ihrem 14. Lebensjahr in frauenärztlicher Betreuung war und es auch dort keine Befunde für eine Anomalie der Gebärmutter gab. Der Arzt müsse also nicht für seinen Diagnoseirrtum haften, urteilte das Gericht. D-AH/nd