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Almosen

Leo Fischer über herzerwärmende Geschichten an Weihnachten

Gerade zu Weihnachten finden die herzerwärmenden Geschichten statt. So hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg just eine gut gemeinte Summe verschenkt - im Wesentlichen an sich selbst bzw. Leute, die ihm sympathisch sind, aber die Geste zählt. So groß war diese Geste, dass sie eine andere, mindestens ebenso gut gemeinte, von allen Titelseiten tilgte: Carsten Maschmeier und Veronica Ferres haben Flüchtlinge aufgenommen. In der hannoverschen Villa der beiden sind zwei Familien untergekommen, und pflichtschuldig zeigte »Bild« adrett zurechtgestriegelte Prachtausländer am Küchentisch in den Brötchenkorb grapschen.

»Wir wollen bei der Integration helfen«, lässt das Paar verlauten, und es versteht sich, dass niemand besser als ein schon legendär integrer Drückerkönig und eine versteinerte History-Actrice dazu geeignet sind, den Wilden aus Kaputtistan abendländische Tischmanieren beizubringen. Und natürlich auch die schönste Nebensprache der Welt, wie man bei »Bild« liest: »Überall im Haus wurden kleine Zettel aufgeklebt. Wenn man z. B. in der Küche irgendeine Schublade aufzieht, steht dort ›Löffel‹, ›Messer‹, ›Mehl‹ usw. Das erleichtert das Lernen von Deutsch enorm.« Freilich tut das das Lernen vom Deutsch sehr erleichtern, wenn zwei übergeschnappte Charitytypen anfangen, in der Wohnung Post-its zu verteilen. Auch Hinweise wie »bitte nicht klauen!« und »vor dem Essen Hände waschen« werden in diesem Crashkurs eine Rolle spielen, wie Disziplin und Wertertüchtigung insgesamt: »Von Beginn an haben wir klargestellt: Wir bieten keinen Ferienaufenthalt oder eine Wohlfühloase. Es ist nur für eine begrenzte Zeit des Übergangs.« Auf dass die grundfaulen Hängemattentypen nicht meinen, nur weil eine Veronica Ferres den ganzen Tag im Whirlpool hockt, dürften sie das auch, kommen bestimmt auch ausgefeilte Putzpläne zum Einsatz, die sich nur zufällig mit dem Weihnachtsurlaub der anderen Hausangestellten decken.

Ansonsten steht das Haus ja ohnehin praktisch leer (»natürlich bin ich viel unterwegs, aber wenn ich da bin, essen wir oft zusammen«), da wär’s doch blöd, den Laden ganz umsonst zu heizen.

Bald werden die Familien in die freie Natur entlassen, blendend vorbereitet auf ein Deutschland, das Maschmeier mit seinem Kumpel Gerhard Schröder seinerzeit so wunderbar kernsaniert hat. Sie werden, nachdem sie sich zwanzig Jahre in Mikrojobs Körper und Geist zuschanden geritten haben, wohl gar eine der menschenrechtskonformen Maschmeierrenten beziehen und in Ferres-Filmen erklärt bekommen, dass das alles immer noch besser ist als die schlimme DDR. Willkommen zu Hause!

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