Grüne: S-Bahn-Betrieb wird teuer

Kosten für das Land könnten nach der Ausschreibung auf über 400 Millionen Euro jährlich steigen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Der alte Betreiber des S-Bahn-Rings wird auch der neue sein. Für den Steuerzahler dürfte das in den kommenden Jahren teuer werden.

Wer künftig den Berliner S-Bahn-Ring und seine südöstlichen Zulauflinien betreiben darf, will der Senat offiziell erst an diesem Mittwoch bekannt geben. Doch ist es ein offenes Geheimnis, dass es wieder die Deutsche Bahn mit ihrer Berliner S-Bahn-Tochter sein wird; und dass es für den Steuerzahler deutlich teurer wird. Davon gehen jedenfalls die Grünen aus. »Wir rechnen mit Mehrkosten von jährlich im Schnitt 94 Millionen Euro gegenüber der Fortschreibung des derzeitigen Vertrages«, so der verkehrspolitische Sprecher Stefan Gelbhaar. Bis 2035 kämen so über 1,6 Milliarden Euro an Zusatzkosten zusammen. Zum Vergleich: In diesem Jahr zahlt das Land 256 Millionen Euro für die S-Bahn. Grünen-Finanzexperte Jochen Esser erwartet, dass spätestens in zehn Jahren die Grenze von 400 Millionen Euro geknackt wird.

Dabei wollte Berlin durch die Vergabe des Betriebs in einem Wettbewerbsverfahren in den nächsten 20 Jahren eigentlich Geld sparen. Dass es voraussichtlich anders kommt, liegt an der verkorksten Ausschreibung. Zu kompliziert und zu spät gestartet, so die Grünen. Deshalb blieb mit der Bahn nur ein Bewerber übrig, alle anderen Konkurrenten sprangen ab. Gelbhaar: »Wenn es nur einen Bäcker gibt im Land, bestimmt der den Preis.«

Der alte Verkehrsvertrag mit der S-Bahn läuft Ende 2017 aus. Problem ist vor allem, dass durch die Verzögerung der Ausschreibung es der neue Betreiber nicht schaffen kann, bis dahin wie gefordert 400 neue S-BahnWagen bauen zu lassen. Deshalb darf die S-Bahn ohnehin bis 2023 weiter auf dem Ring fahren. Darüber muss mit ihr ein preistreibender Interimsvertrag geschlossen werden. Außerdem muss sie 150 alte Fahrzeuge, die bis 2017 eigentlich ausgemustert werden sollten, noch einmal fit machen. Das schlägt mit bis zu 150 Millionen Euro zu Buche. Auch für den Betrieb der Stadtbahn und die Nord-Süd-Strecken, die als nächstes ausgeschrieben werden sollen, dürfte es ein ähnliches Vertrags-Prozedere geben.

Esser wundert sich deshalb nicht, dass außer der Bahn alle anderen Bewerber abgesprungen sind. »Die Verträge sind derart ineinandergeschoben und verfranst, das lässt keiner mit sich machen.« Die Grünen hatten wie die Linksfraktion gefordert, dass Berlin die S-Bahn-Wagen selbst beschafft und dann an einen Betreiber vermietet.

Dass wegen der Mehrkosten das Angebot der S-Bahn um ein Drittel gekürzt wird, kann sich Esser nicht vorstellen. Auch eine entsprechende Steigerung der Ticketpreise hält er für ausgeschlossen. Wahrscheinlich werde im Landesetat an anderer Stelle gekürzt. Die Grünen fordern Senat und Abgeordnetenhaus auf, die Reißleine zu ziehen und die Ausschreibung wegen wirtschaftlichen Scheiterns aufzuheben. Das allerdings ist nicht zu erwarten, auch wenn der Senat einst versprochen hatte, dies bei deutlichen Mehrkosten zu tun.

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