Lieber knapp gewonnen als gut gespielt

Alba Berlin zieht durch das 80:79 gegen Brindisi in die nächste Runde des Eurocups und beschwört danach die beruhigende Kraft des Sieges

Die Basketballer von Alba Berlin haben durch eine Niederlagenserie an Selbstvertrauen verloren. Die Hoffnung ist groß, dass ein einziger Sieg das schnell wieder ändert.

Je komplizierter ein Bewegungsablauf ist, desto wichtiger sind Automatismen. Wer denkt, gerade etwas falsch zu machen, macht dies auch - eben weil er gerade dabei denkt. Um dies zu vermeiden, wiederholen Volleyballer Abertausend Male ihre Sprungaufgaben, Golfer ihre Abschläge und Basketballer ihre Dreipunktwürfe. Alba Berlins Spielern ist derzeit anzumerken, dass sie denken, wenn sie werfen. Sie halten den Ball einen Sekundenbruchteil zu lange fest, versuchen dies dann mit extra Kraft wieder wettzumachen und treffen so nur noch auf den Ring des Korbes anstatt durch ihn hindurch. Vor wenigen sah das Wochen noch ganz anders aus. Da gewann Alba ein Spiel nach dem anderen. Doch in letzter Zeit reihten sich Niederlagen aneinander. Der 80:79-Sieg am Mittwoch gegen Basket Brindisi soll neues Selbstvertrauen bringen und das Denken wieder beenden.

Das ist nicht falsch zu verstehen. Albas Trainer Sasa Obradovic legt selbstredend viel Wert darauf, mit klugen Spielern zu arbeiten, die seine Systeme auch verstehen. Aber eine gute Wurftechnik hat nicht viel mit Intelligenz zu tun, vielmehr schon mit dem oft beschworenen Selbstvertrauen. »Der Sieg war sehr wichtig für uns. Wir wussten: Nur wenn wir gewinnen, kommen wir eine Runde weiter. Es war der perfekte Zeitpunkt, die Niederlagenserie zu beenden«, zeigte sich Albas Flügelspieler Dragan Milosavljevic erleichtert. »Das muss uns jetzt neue Selbstsicherheit geben. Die bekommt man nicht im Training, sie fällt und steigt mit Niederlagen und Siegen. Wir werden allein durch diesen Sieg auch in den nächsten Spielen besser sein.«

Dabei lag er auf einer Linie mit seinem Trainer, der zwar eine Menge zu meckern gehabt hätte, doch zur Abwechslung mal das Positive betonte: »Ich bin überglücklich über diesen Sieg. Solche Spiele unter Druck sind schwer«, sagte Obradovic. Und manchmal brauche es nur einen Sieg, um wieder an den fundamentalen Dingen arbeiten zu können, anstatt ständig über eine Krise zu reden.

Gut spielte Alba nicht, aber Obradovic weiß, dass so ein knapper Sieg eine Mannschaft viel weiter nach vorn bringen kann als drei Siege mit mehr als 20 Punkten Vorsprung wie zu Beginn der Bundesligasaison. »Mal so knapp zu gewinnen, macht uns stärker. Wir wissen, dass wir noch viel verbessern müssen, aber die Einstellung hat gestimmt.« Auch Milosavljevic blieb selbstkritisch: »Wir haben wieder einige schlechte Entscheidungen getroffen, aber uns diesmal zusammen durchgekämpft. Am Ende kam noch etwas Glück dazu.«

Der 26-jährige Serbe ist derzeit das beste Beispiel für fehlendes Vertrauen in den eigenen Wurf. Anfangs als Glückseinkauf gepriesen, zweifelt er nun an seinen Entscheidungen. Milosavljevic hatte zwei Sekunden vor Spielende selbst die Chance zum Sieg, doch sein Wurf war wieder mal zu lang. Zum Glück stand Center Kresimir Loncar an der richtigen Stelle und traf den Abpraller 0,3 Sekunden vor der Sirene per Korbleger aus nächster Distanz. Der wird schon im Kindesalter oft genug geübt, um auch mit weniger Selbstvertrauen noch sicher im Korb zu landen.

»Ich hätte gedacht, dass das Spiel leichter wird. Ich hatte ohnehin nicht geglaubt, dass wir im letzten Vorrundenspiel noch um Platz vier kämpfen müssen, aber wir quälen uns gerade sehr«, gab Loncar später zu. Nun kam auch noch der Druck hinzu, unbedingt gewinnen zu müssen. So reihten sich schnell viele dumme Fehler aneinander. »Es wird unseren Köpfen guttun, dass die nächste Runde wieder bei Null beginnt.«

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