Langzeitstudie: Bei 40 Prozent Glyphosat im Urin gefunden

Umweltbundesamt fordert weitere Tests zu Unkrautvernichter Glyphosat / Grüne und BUND besorgt

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Das Umweltbundesamt suchte 15 Jahren lang Glyphosat im Urin von Studierenden. Das Mittel war 2001 bei zehn Prozent der Studien-Teilnehmer nachweisbar, 2003 bei knapp 60 Prozent und 2015 bei 40 Prozent

Dessau/Berlin. Das Umweltbundesamt (UBA) sieht offene Fragen mit Blick auf etwaige Gefahren durch das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Es gebe »weiteren Forschungsbedarf«, erklärte die Behörde am Donnerstag in Dessau bei der Vorlage einer Langzeit-Studie. Sie weist ihren Angaben zufolge eine klare Anreicherung des Stoffes im Urin von Testpersonen nach. Über die Chemikalie Glyphosat wird seit langem sehr kontrovers diskutiert.

Umweltschützer halten Glyphosat für gefährlich, die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte es als »wahrscheinlich krebserregend« ein. Aufsichtsbehörden in Deutschland und in der EU kamen aber zum gegenteiligen Schluss. Glyphosat ist das welt- wie auch deutschlandweit am meisten verkaufte Pestizid und wird sowohl in der Landwirtschaft als auch in privaten Gärten sehr häufig verwendet.

Sollte die WHO-Befürchtung zutreffen und sich Glyphosat »wahrscheinlich krebserregend« herausstellen, müsse über das Produkt »neu diskutiert werden«, erklärte das UBA. Es setze sich generell dafür ein, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu verringern. Deren massiver Einsatz beeinträchtige auch die Tier- und Pflanzenwelt.

Der höchste in den Stichproben gemessene Wert liege zwar um den Faktor 1000 unter jenem Grenzwert, den die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit für vertretbar halte, betonte UBA-Chefin Maria Krautzberger. Es seien aber weitere Studien nötig. »Wir müssen die Datenlage zur Belastung beim Menschen verbessern. Insbesondere bei Kindern wissen wir bisher kaum etwas.« Dazu laufe in ihrer Behörde bereits eine Untersuchung, sagte die Präsidentin.

Umweltschutzverbände und die Grünen im Bundestag erneuerten ihre Forderung nach einer deutliche Reduzierung des Glyphosat-Einsatzes. »Pestizide wie Glyphosat gehören nicht in Lebensmittel und nicht in den menschlichen Körper«, erklärte Heike Moldenhauer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund). Wie bei vielen Substanzen auch sei es wahrscheinlich, dass bei länger andauernden Einwirkungszeiten auch kleine Dosen »gesundheitsgefährdende Effekte« hätten.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium müsse den Einsatz im Privatbereich und die Anwendung in der Landwirtschaft kurz vor der Ernte sofort verbieten. »Wir brauchen einen Ausstiegsplan für Glyphosat«, erklärte sie. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. »Auch wenn Grenzwerte deutlich unterschritten werden, ist das ein Alarmsignal«, erklärte er.

Ein großer Teil der Bevölkerung habe mittlerweile Glyphosat im Körper. Er forderte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) auf, bei der EU die »Glyphosat-Notbremse« zu ziehen und eine Neuzulassung der Chemikalie zu verhindern. Agenturen/nd

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