Wer ist das Volk?

Martin Hatzius über das Aus für das Berliner Einheitsdenkmal

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Frage, ob Deutschland überhaupt ein Einheitsdenkmal braucht - und falls ja, wofür es stehen sollte -, ist wieder völlig offen. Nachdem bereits das in Leipzig geplante Monument auf Eis gelegt wurde, stoppte der Haushaltsausschuss des Bundestags jetzt auch das Vorhaben auf dem Berliner Schlossplatz. Begründet wurde das mit den Kosten, die schon vor dem immer wieder verzögerten Baubeginn um fünf Millionen Euro gestiegen seien. Die Summe erscheint vergleichsweise gering. Gibt es womöglich noch andere Gründe?

Wer den Entwurf der Choreografin Sasha Waltz und des Büros Milla & Partner unter die Lupe nimmt, stellt fest, dass deren Einheitswippe unfreiwillig einen Bedeutungswandel erfahren hat. Schon beim Titel »Bürger in Bewegung« denkt man heute eher an die Wanderungsbewegungen von Flüchtlingen - oder an die Aufmärsche gegen deren Aufnahme - als an die Ereignisse von 1989. Der Entwurf wollte als Symbol für die Demokratie verstanden werden: eine begehbare Schale, die langsam kippt, sobald sich eine größere Anzahl von Menschen auf diese oder jene Seite bewegt. Eingraviert werden sollte der Slogan »Wir sind das Volk«. Den hört man heute wieder - von Leuten allerdings, deren Umsturzwille sich gegen die Repräsentanten des jetzigen Staates richtet. So einfach ist es eben nicht mit der Volksherrschaft. Wenn die Stimmung kippt, steht mehr auf dem Spiel als ein Denkmal.

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