Nicht mal Mindestlohn

Streit ums Urheberrecht

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Konditionen, zu denen freie Journalisten vielfach zu arbeiten gezwungen sind, seien »aberwitzig«, sagte Frank Überall, der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), am Dienstagabend in Berlin. Der DJV hatte gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltsverein zu einer Podiumsdiskussion über den umstrittenen Kabinettsentwurf »zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung« geladen. Statt einer Verbesserung, so Überall, sei eine »Verwässerung« zu befürchten. Angesichts der »extrem angespannten Situation für freie Journalisten«, die für ihre Arbeit in etlichen Fällen »noch nicht einmal Mindestlohn« erhielten, gebe es an vielen Stellen des Entwurfs Nachbesserungsbedarf.

Ein zentraler Kritikpunkt von Urhebern zielt darauf, dass der Gesetzentwurf einmalige Pauschalvergütungen, sogenannte Buy-outs, nicht generell unterbindet. Im Falle einer solchen Vereinbarung überträgt der Urheber gegen eine Einmalzahlung alle weiteren Rechte an seinem Werk an den Verwerter. Die Journalistin und Schriftstellerin Nina George hält das für skandalös: »Jede Werknutzung muss eine Wertschöpfung sein.« Solange solche Verträge rechtmäßig sind, hätten Autoren kaum eine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Tun sie es doch, drohe ihnen »Blacklisting« - ein Boykott durch die Verlage. Ein Verbandsklagerecht, so Gewerkschafter Überall, könne ein probates Mittel sein, gegen »sittenwidrige Verträge« vorzugehen. Sinnvoll ist das allerdings nur in Branchen, in denen gemeinsame Vergütungsregeln vereinbart wurden.

Ein weiterer Streitpunkt betrifft das Auskunftsrecht. Statt, wie ursprünglich vorgesehen, alle Werknutzer zu jährlichen Berichten über sämtliche Nutzungen zu verpflichten, gilt dies - wegen der erwarteten Kosten solcher Bilanzen - jetzt nur noch für die Vertragspartner der Urheber. Insbesondere die digitale Verwertung ihrer Werke, so Nina George, bleibe so aber für die Kreativen vollkommen intransparent.

Im Gegensatz zu den vielen Buchautoren, die sich in einem offenen Brief in der Frage des Rückrufrechts (s. nebenstehendes Interview) mit den Verlagen solidarisiert hatten, sieht George auch in diesem Punkt Änderungsbedarf. Ein Großteil der Autoren sei mit seinen Verlagen eben nicht so zufrieden wie die Unterzeichner. Das Dilemma liege aber auch darin, dass hier ein einziges Gesetz auf viele ganz unterschiedliche Branchen angewandt werden soll: »Das kann nicht funktionieren.«

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