Kaffee, Kuchen, Tablet

Computer-Kurse verwandeln Saarland in Onlinerland

  • Katja Sponholz, Saarbrücken
  • Lesedauer: 3 Min.

«Der Kurs hat noch gar nicht richtig begonnen, da gibt es schon die ersten Probleme. »Was heißt denn Wischen?« fragt eine ältere Dame, und eine andere möchte wissen: »Welchen Finger nimmt man denn dafür?« Kursleiter Wolf-Dieter Scheid (55) reagiert ruhig und freundlich, ohne eine Spur belustigt zu sein.

Schließlich hat er ganz besondere »Schüler« vor sich in diesem Computer-Kurs in Saarbrücken: Elf Senioren, von denen einige noch nie einen Touchscreen bedient haben und die meisten nicht wissen, wie man mobil ins Internet kommt. Oder was eine App ist - geschweige denn, wie man sie herunterladen kann. Damit sich das ändert, sind sie hier. Acht Frauen und drei Männer um die 70, die bei der Familienbildungsstätte des Diakonischen Werkes den Kurs »Kaffee - Kuchen - Tablet« gebucht haben.

Und der ist begehrt. »Ich wollte schon öfter teilnehmen, aber ständig war er ausgebucht«, sagt Heinz Schmeer, mit 91 Jahren der älteste Teilnehmer in diesem Kurs. »Wir freuen uns, endlich dabei sein zu können«, sagt seine Frau Hilde (81). Die beiden haben schon seit längerer Zeit ein Tablet, fühlen sich aber noch unsicher damit. »Ich habe immer Angst, dass ich etwas falsch mache«, gibt der frühere Fahrlehrer zu. Die beiden Rentner haben ein genaues Ziel, was sie mit dem Tablet machen möchten: Den Enkeln im Schwarzwald eine E-Mail schreiben.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Erst einmal gilt es, ein paar Grundkenntnisse zu lernen: Was ein Tablet überhaupt ist, wofür man einen Internetzugang oder eine SIM-Card benötigt und was sich hinter den vielen bunten Bildchen verbirgt. Es dauert seine Zeit, bis es allen Teilnehmern gelungen ist, das 20-stellige Kennwort für das WLAN einzutippen. Doch dann geht das große Staunen los: Über das Radiohören auf dem Tablet, die Wettervorhersage oder auch, wie man ein Käsekuchen-Rezept findet.

Andere wirken schon nach eineinhalb Stunden verzweifelt. »Ich komm gar nicht mehr klar, ich weiß gar nicht, wo ich drücken soll. Bei mir ist alles anders«, sagt eine Teilnehmerin genervt. Und eine 74-Jährige, die sich angemeldet hatte, weil sie überlegt, einen Tablet-PC zu kaufen, ist überzeugt: »Das werde ich auf keinen Fall machen. Ich bin viel zu nervös für so etwas. Und ich brauche viel zu viel Zeit, um das zu lernen. Da lese ich doch lieber ein schönes Buch oder kümmer mich um Haus und Garten und Hund.«

Die 75-jährige Karin Lind, die schon mehrere Kurse gemeinsam mit ihrem Mann Herbert (81) besucht hat, ist jedoch zufrieden. »Ich habe viel gelernt - und es hat Spaß gemacht!«, sagt sie zum Schluss. Die frühere Krankenschwester ist jedenfalls überzeugt, dass sie auch noch weiterführende Kurse besuchen wird: »Damit ich künftig mit meinen Enkeln in Bochum auch mal skypen kann!«

Möglichkeiten gibt es jedenfalls genug: »Bis Jahresende sind noch weitere 183 Kurse im ganzen Saarland geplant«, sagt Michael Scholl, Geschäftsführer des Vereins MedienNetzwerk SaarLorLux. Bereits seit 2005 führen der Verein und die Landesmedienanstalt mit Unterstützung des Landes, der EU, zahlreichen Sponsoren und über 300 Projektpartnern die landesweite Kampagne »Onlinerland Saar« durch. Mit Erfolg: Bislang haben rund 70 000 Saarländer an über 3000 Internetkursen teilgenommen. Gleichzeitig wurde der Anteil der Saarländer, die online sind, von 48 auf 70 Prozent erhöht. dpa/nd

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