Von Augustus zu August

Von Schönheit und Größe - Römische Porträts und ihre barocke Aneignung im Albertinum in Dresden

  • Roland Sprafke
  • Lesedauer: 3 Min.

Die realistische Abbildung des menschlichen Antlitzes ist eine der großen Leistungen der römischen Kunst. Schon zur Zeit der Republik wurde erfolgreichen Politikern und Feldherren auf Beschluss von Senat und Volk öffentlich eine Bildnisstatue aufgestellt. Auch August I, »der Starke«, Kurfürst von Sachsen, kannte die Spielregeln und Instrumente der Machtpräsentation. Zwar war Kursachsen nicht das römische Imperium und ein Kurfürst nicht mächtig wie ein römischer Kaiser. Aber mit der Wahl zum König August II. von Polen 1697 war er in die Reihe der großen europäischen Häuser aufgestiegen. Schon 1699 und 1715 hatte August zwei umfangreiche Sammlungen aus Paris erworben. Über 200 barocke Bronzebildwerke, Nachbildungen von Plastiken aus Versailles und genaue Verkleinerungen antiker Skulpturen wurden in den fürstlichen Repräsentationsräumen des Schlosses aufgestellt. Als Friedrich Wilhelm I., »der Soldatenkönig«, wieder Geld für seine Armee brauchte, holte August zudem rund 50 Antiken nach Dresden. Bevor sie in einigen Jahren in der Osthalle des Semperbaus am Zwinger ein neues Zuhause finden werden, wählte die Kuratorin Kordelia Knoll jetzt rund 50 Meisterwerke für die Ausstellung »Von Schönheit und Größe - Römische Porträts und ihre barocke Aneignung« aus.

Im vorderen Teil des Marmorsaals sind Privatporträts zu sehen, Bildnisse, die an Verstorbene erinnern. Dazu gehört neben der berühmten »Knöchelspielerin«, das Sitzbild eines jungen Mädchens. Im hinteren Teil des Saales folgen offizielle Herrscherbildnisse. Zunächst fällt eine Venusstatue auf mit dem Bildnis der Lucilla, Gattin des Kaisers Lucius Verus. Dahinter ist eine eindrucksvolle Gruppe zusammengestellt: Zunächst die imposante Panzerstatue von Antoninus Pius. Er, der adoptierte Nachfolger des Kaisers Hadrian (dieser hatte die Bartmode offiziell eingeführt), trug nun gleichfalls dessen Bart- und Haarfrisur, um politische und dynastische Kontinuität zu zeigen. Daneben stehen zwei Büsten seines adoptierten Nachfolger Mark Aurel.

Von diesen Porträts führt der Weg über die Treppe in den oberen Saalteil, hier sind die barocken Zusammensetzungen und Neuschöpfungen (nicht Fälschungen, wie auch schon zu lesen war) zu sehen. Eindrucksvoll das bärtige Bildnis des Septimius Severus, eingesetzt in eine farbige barocke Feldherren-Büste. Kleopatra ist weder ägyptisch noch römisch sondern vollständig eine barocke Gewandbüste. Genauso ergeht es Caligula. Seine Büste aus Porphyr war wegen des kostbaren Materials für August besonders interessant. Ein Höhepunkt ist der Kopf eines Afrikaners: Der französische Bildhauer Nicolas Cordier kombinierte um 1610 schwarzen Marmor für den Kopf mit einer hellfarbenen Alabaster-Büste. Das exotische Motiv, das kostbare Material und der wirkungsvolle Farbkontrast hoben diesen Kopf besonders hervor.

Abschließend ein kleines Kunstwerk, das sehr deutlich macht, wie der barocke Herrscher seine Legitimation aus der antiken Vergangenheit zog. August besaß in seiner Sammlung eine römische Kamee mit einem Kaiser-Bildnis. Zu seiner Zeit wurde es als Bildnis des Kaisers Augustus gedeutet. Der Kurfürst ließ eine Fassung für den geschnittenen Stein schaffen. In den Händen des Goldschmiedes Johann Melchior Dinglinger und des Bildhauers Balthasar Permoser entstand ein kostbares Kabinettstück. Wenn sich auch später herausstellte, dass der Abgebildete Kaiser Claudius war, symbolisiert dieses kleine Meisterstück den Weg von Augustus zu August. Wie Augustus wusste auch August um die Macht der Bilder.

Noch bis 20.11.; www.skd.museum.de

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