Das eigene Haus soll vor Mieterhöhungen schützen

Statt den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln, möchte ein Verbändebündnis die Besitzverhältnisse ändern

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt derzeit kaum einen politischen Akteur, der nicht die »Wende in der Wohnungspolitik« fordert. Doch die Vorstellungen darüber, wie diese Neuausrichtung gestaltet werden soll, gehen sehr weit auseinander. Während LINKE, Grüne, SPD, Sozial- und Mieterverbände vor allem den sozialen Wohnungsbau ankurbeln sowie die Mietenexplosion in Ballungszentren bremsen wollen, setzt das »Verbändebündnis Wohnperspektive Eigentum« eher auf das Gegenteil. Die darin zusammengeschlossenen Verbände der Immobilien- und Bauwirtschaft erwarten von der Bundesregierung Förderprogramme zum Bau von mindestens 60 000 zusätzlichen Eigentumswohnungen und Eigenheimen pro Jahr sowie die verstärkte Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, um jährlich aus rund 340 000 Mietern Eigentümer zu machen.

Diese Forderungen untermauert eine Studie des Pestel-Instituts für Systemforschung, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Darin werden die im EU- und OECD-Vergleich niedrige Wohneigentumsquote von 45,4 Prozent in Deutschland sowie die aktuell sehr einseitige Fokussierung von Parteien und Sozialverbänden auf den sozialen Wohnungsbau beklagt. Zur Eigentumsförderung unterer und mittlerer Einkommensbezieher wird eine Mischung aus direkter Förderung durch Eigenkapitalhilfen, steuerlichen Entlastungen und gelockerten Kreditvergaberichtlinien vorgeschlagen. Auf diese Weise könnte »theoretisch sogar Hartz-IV-Beziehern im Rahmen der Wohnkostenübernahme die Finanzierung einer selbst genutzten Wohnung ermöglicht werden«, so Institutsvorstand Matthias Günther. Zudem müssten auch ärmere Rentner, die über Wohneigentum verfügen, nicht mehr fürchten, durch Mieterhöhungen oder Umwandlung aus ihren Wohnungen vertrieben zu werden. Hauptzielgruppe seien jedoch Normalverdiener im Alter zwischen 25 und 45 Jahren.

Für Jürgen Michael Schick, den Präsidenten des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) ist Eigentumsförderung so eine Art Königsweg zur Lösung vieler städtebaulicher und sozialer Probleme. Zum einen sei Wohneigentum angesichts der Zinsentwicklung auf den Finanzmärkten »der beste Weg zu einer kapitalgedeckten Altersvorsorge«. Zudem wirkten Wohneigentümer »stabilisierend« für Siedlungen, da sie mehr Identifikation und Verantwortung für ihr Wohnumfeld mitbrächten. Auch sei Eigentum »der beste Schutz vor Gentrifizierung durch steigende Mieten«. Kontraproduktiv seien dagegen exzessive regulatorische Eingriffe in den Wohnungsmarkt, wie sie beispielsweise die neue Berliner Landesregierung plane, die durch Ausweitung des Milieuschutzes Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen noch mehr erschweren wolle.

Das Verbändebündnis fordert unter anderem, dass Ersterwerber selbst genutzten Wohnraumes komplett von der Grunderwerbsteuer befreit werden sollen und diese darüber hinaus generell gesenkt werden soll. Neben der direkten Eigenkapitalförderung und Zuschüssen für »Schwellenhaushalte« mit durchschnittlichen Einkünften sollen durch Programme der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau auch langfristige Zins- und Kreditausfallgarantien ermöglicht werden. Ergänzt werden soll das durch eine Lockerung der Kreditwürdigkeitsrichtlinien. Denn derzeit, so Schick, würde »die starke Nachfrage nach Wohneigentum durch die überzogene Regulierung regelrecht abgewürgt«. Von den Kommunen wird erwartet, dass sie sich bei der Baulandentwicklung stärker auf die Schaffung von Wohneigentum konzentrieren. Als Zielmarke formuliert das Bündnis: Die Eigentumsquote auf dem deutschen Wohnungsmarkt soll bis zum Jahr 2020 auf immerhin 50 Prozent erhöht werden.

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