Weichen in Richtung Arbeitskampf

Görlitzer Bombardier-Werker entscheiden im Januar über Streik

  • Hendrik Lasch, Görlitz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Belegschaft von Bombardier in Görlitz entscheidet am 17. Januar, ob es in dem Werk zu Streiks kommt. Die etwa 2100 Mitarbeiter wollen sich damit gegen Pläne des Konzerns wehren, den Stellenabbau in seinen ostdeutschen Niederlassungen noch einmal auszuweiten. Die Stimmung sei kämpferisch, sagt René Straube, künftiger Betriebsratschef, nach einer Betriebsversammlung: »Es überwiegt die Zahl der Kollegen, die mich fragen, wann wir die Bude endlich zuschließen.«

In Görlitz wie in den beiden anderen ostdeutschen Werken Bautzen und Hennigsdorf herrscht seit Monaten erhebliche Unsicherheit über die Zukunft. Bombardier hatte zunächst angekündigt, bis Ende 2016 insgesamt 1430 Jobs zu streichen. Inzwischen ist von einer zweiten Entlassungswelle die Rede; es kursiert eine Zahl von 2500 bedrohten Arbeitsplätzen. Dabei ist bislang völlig unklar, ob es sich um zusätzlichen Abbau oder »nur« eine Erhöhung der bisherigen Zahl handelt, sagt Jan Otto, Bevollmächtigter der IG Metall in Ostsachsen. Der Konzern selbst äußert sich bislang nicht; man wolle zunächst Gespräche mit den Sozialpartnern führen. Für die Belegschaft hat das zur Folge, dass sie »den Weihnachtsurlaub ohne Klarheit darüber antreten, wie es 2017 und 2018 weitergeht«, sagte Volker Scharschmidt, bisheriger Chef des Betriebsrats in Görlitz: »Das ist eine Sauerei.«

Bombardier hatte die Abbaupläne mit dem beinharten internationalen Wettbewerb und dem Zwang begründet, effizienter zu produzieren. Deshalb sollten Kompetenzen gebündelt werden. So wurde die Konstruktionsabteilung von Görlitz nach Hennigsdorf verlagert. Folge ist laut Straube jedoch, dass hoch spezialisierte Fachleute das Unternehmen verlassen haben: »Die fehlen uns jetzt.« Ungeachtet des endgültigen Umfangs des Jobabbaus hält man diesen auf Belegschaftsseite ohnehin für ungeeignet, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu verbessern. »Mit Personalabbau hat man noch kein Unternehmen zurück zu glorreicher Güte geführt«, sagt Otto. Scharschmidt hielte es für angemessen, sich mit neuen Produkten dem harten Wettbewerb zu stellen: »Statt dessen sinken die Ausgaben für Forschung und Entwicklung aber.«

Der Umfang des drohenden Stellenabbaus ruft auch die Politik auf den Plan. Nach einem Treffen mit Betriebsräten habe Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Causa Bombardier »zur Chefsache gemacht«, sagt Scharschmidt. Medienberichten zufolge will er sich im Januar mit Spitzenmanagern des kanadischen Konzerns treffen. Bereits am 22. Dezember soll es auch ein Treffen von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mit Konzernvertretern geben.

Vor dem Görlitzer Werkstor verwies der sächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Jurk auf einen breiten politischen Schulterschluss bei diesem Thema - und erinnerte daran, dass die Politik den Konzern auch zum Umdenken animieren könne. So habe der Bundestag zusätzliche Gelder für die Deutsche Bahn bewilligt; zudem verzichte der Bund bis 2020 auf einen Teil der Rendite. Daher stünden dem Unternehmen 2,4 Milliarden Euro zusätzlich für Investitionen zur Verfügung, unter anderem in Waggons: »Das sind potenzielle Aufträge, um die sich Bombardier bemühen muss.« In der Belegschaft zweifelt man freilich an, ob daran überhaupt Interesse besteht. Das Sparpaket habe nur einen offenkundigen Zweck, sagt Betriebsrat René Straube: »Es geht darum, Aktionäre und Gläubiger zu befriedigen.«

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