Denkmale aus Platten und Ziegeln

Infrastrukturministerin bilanziert: Der Verfall historischer Bausubstanz ist gestoppt

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Rückbauruine des Kernkraftwerks Rheinsberg wird kein technisches Denkmal. Lediglich das Verwaltungsgebäude des zweitältesten deutschen Atomkraftwerks, das zwischen 1966 und 1988 betrieben worden war, ist als schutzwürdig eingestuft, unterstrich Landeskonservator Thomas Drachenberg, als am Mittwoch die Denkmalschutzbilanz Brandenburgs präsentiert wurde.

»Denkmalschutz ist nicht der Nabel der Welt«, äußerte Drachenberg abgeklärt, doch trage er zur Lebensqualität und zur Identifikation mit der Heimat bei. Bei dieser Gelegenheit teilte Drachenberg mit, dass vereinzelt auch Plattenbauten unter Denkmalschutz gestellt worden sind. Als Beispiel nannte er Wohnblocks in der Bernauer Innenstadt und eine Kindertagesstätte. Diese fügten sich bewusst in ein historisches Ensemble ein, seien aber zweifellos in der Technologie des Bautyps WBS 70 errichtet worden. In den 1970er Jahren wurde in der DDR verstärkt damit begonnen, die Segmentbauweise auch in historisierendem Stil einzusetzen. In Potsdam gibt es Beispiele in der Gutenbergstraßen und in der Karl-Liebknecht-Straße. Ins Schwärmen geriet der Fachmann bei der Erwähnung des Flächendenkmals Eisenhüttenstadt. Er sprach von einer wunderbaren städtebaulichen Achse zwischen Rathaus und Werktor.

Umstritten ist, ob der geplante Neubau der Garnisonkirche in Potsdam aus Mitteln des Bundesprogramms zur Rettung national bedeutsamer Denkmale finanziert werden kann. Denn »die Garnisonkirche ist kein Denkmal«, unterstrich Drachenberg. Das unterscheidet sie von der Dresdner Frauenkirche, von der noch originale Reste vorhanden waren, als nach der Wende mit dem Wiederaufbau begonnen wurde.

Verstärkt geworben wird derzeit für die Sicherung und den Wiederaufbau des historischen Klosterbrauhauses in Himmelpfort (Oberhavel). Hier stellte das Land zunächst 70 000 Euro bereit. Infolge einer Brandstiftung wurden das Innere des Hauses und das Dach im Jahr 2010 vollständig vernichtet. Obwohl die Versicherung den Schaden bezahlt hat, war der Besitzer nicht gezwungen, das erhaltene Geld in den Wiederaufbau zu stecken. Dies habe ihm das Oberverwaltungsgericht bestätigt, was ihm persönlich sonderbar erscheine, äußerte der Landeskonservator. Der Brandstifter wurde nie gefunden. Eine Bürgerstiftung hat das Gebäude jetzt gekauft und mit eigenen Mitteln ein provisorisches Dach errichtet, um die härtesten Wettereinflüsse abzuhalten. Der zuständige Architekt Axel Seemann wies darauf hin, dass die kürzlich gemessene Windstärke 10 den frei stehenden Giebel stark zusetzte.

Kulturministerin Martina Münch (SPD) teilte mit, dass im vergangenen Jahr 35,8 Millionen Euro in den Denkmalschutz geflossen seien, allein 13,8 Millionen aus ihrem Ressort. Der Löwenanteil ging in Schlösser und Kirchen, allein neun Millionen wurden der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten überwiesen. 2,65 Millionen Euro flossen in die Sanierung von 24 evangelischen Kirchen. Der Dom in Brandenburg/Havel erhielt fast eine Million Euro und dabei soll es in den kommenden Jahren auch bleiben. Die Katholische Kirche bekam 40 000 Euro für vier Einzelvorhaben. Die jüdische Gemeinde bezog 39 000 Euro für die Innenausstattung der Synagoge in Cottbus. Diese Synagoge wurde in der ehemaligen Schlosskirche eingerichtet.

Der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, die sich unter anderem um die ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück kümmert, wurden 607 000 Euro für Sanierungsmaßnahmen zugestanden.

Laut Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) konnte der weitere Verfall historischer Gebäudesubstanz in Brandenburg weitgehend gestoppt werden. Die Sanierung und Sicherung werde auch künftig unterstützt, sagte Schneider, wobei sie das Gebäudeensemble am Haag in Luckenwalde erwähnte und die alte Tuchfabrik in Wittstock, die zu DDR-Zeiten als Möbelfabrik genutzt wurde und seit zwei Jahrzehnten leer steht.

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