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Legal - nur auf Rezept und für Schwerkranke

Bundestag beschließt Freigabe von Cannabis als Medikament für wenige Patienten

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.

Viele Substanzen sind zugleich Arznei- und Rauschmittel, einige wurden von der pharmazeutischen Industrie und Forschung entwickelt. Nun ist eine Droge hierzulande endlich offiziell als Medizin zugelassen worden: Cannabis. Die Politik tat sich mit diesem Schritt sehr schwer, hin und hergerissen vom Doppelcharakter der Hanfpflanze. Denn einerseits gelten die THC-haltigen Pflanzenteile als Einstiegsdroge, so dass der Handel damit weiter illegal ist. Andererseits gibt es medizinische Indikationen, bei denen sich Hanf als hilfreich erweisen kann.

Der Zugang zu den Cannabis-Medikamenten ist Schwerkranken vorbehalten - in standardisierter Apothekenqualität, oder in Form von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Ärzte können aber nicht einfach jedem ein Rezept in die Hand drücken, sie müssen belegen, dass andere Medikamente nicht helfen. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen muss zustimmen. Immerhin wurde eine erschwerende Vorbedingung aus dem Regierungsentwurf gestrichen: Patienten müssen nicht zuerst »erfolglos austherapiert« sein, bevor ihnen sozusagen als letzte Gnade Cannabis verordnet werden darf.

Zufrieden mit der neuen Regelung sind die Schmerzmediziner. Ein typischer Einsatzbereich eröffnet sich für Tumorpatienten, von denen einzelne schon in jahrelangen Auseinandersetzungen und Prozessen für Cannabis stritten. Denn bei denen, die aus Krankheitsgründen stark abgenommen haben und keinen Hunger verspüren, steigert Hanf den Appetit. Auch gegen Übelkeit und Erbrechen durch die Chemotherapie könnten Blüten oder Extrakte der Pflanze eine weitere Therapieoption sein. Zwar können die Kassen in Ausnahmefällen Verordnungen ablehnen, aber im Rahmen einer speziellen ambulanten Palliativbehandlung - wenn bei schwersten Erkrankungen nur noch Schmerzen gelindert werden können - müssen sie innerhalb von drei Tagen über die Verschreibung entscheiden.

Möglicherweise kommen mit der Freigabe weitere Anwendungsgebiete hinzu, wenn jetzt einfacher Studien zu dem Thema möglich werden. Denn an wissenschaftlichen Untersuchungen mangelt es bisher. Wohl auch deshalb sind Patienten, die Cannabis verschrieben bekommen, verpflichtet, an einer anonymisierten Studie teilzunehmen. Für sie entfällt andererseits der Zwang, bei der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Das war bis Ende 2016 in 1000 Fällen erfolgreich, wobei die Patienten die Kosten - mindestens 540 Euro monatlich - selbst tragen mussten. Das Betäubungsmittelgesetz wird dahingehend geändert, dass bisher zugelassene Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis ihren Status behalten und die Pflanzenteile verkehrs- und verschreibungsfähig werden.

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