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Marian Sobkowiak

7. 12. 1924 - 10. 2. 2017

»Flamme der Versöhnung« hieß eine Spendenaktion, bei der Einwohner der Stadt Golstyñ in Polen Geld für die Dresdner Frauenkirche sammelten. Es war ein Akt von bemerkenswerter Großherzigkeit. Die Wehrmacht hatte im Oktober 1939 in dem Ort 30 Zivilisten erschossen; Marian Sobkowiak, der zur Spendensammlung aufgerufen hatte, war nur knapp Hitlers Henkern entgangen. Mit 15 ging er in die Widerstandsgruppe »Schwarze Legion«, die indes verraten wurde. Zwölf Mitstreiter wurden 1942 in Dresden hingerichtet; Sobkowiak verdankte seine Rettung nur seinem jugendlichen Alter. Er litt in zwei KZ; den Todesmarsch überlebte er schwer krank dank der Hilfe von Häftlingen. Er hätte allen Grund gehabt, die Deutschen zu verachten.

Von Sobkowiak aber ist der Satz überliefert, es habe nicht nur die Deutschen vom Oktober 1939 in Golstyñ gegeben, sondern auch jene, die in Sachsenhausen »das Brot mit mir geteilt haben, die mich gerettet haben«. Er warb für Versöhnung, und als Symbol dafür gilt die Flammenvase, die mit den Spenden aus Golstyñ saniert wurde und heute den Südwestturm der Frauenkirche krönt. Sokowiak erhielt 2009 das Bundesverdienstkreuz und 2010 die Ehrenmedaille der Stadt Dresden, die jetzt mitteilte, man verliere »einen großen Freund«. hla

Kurt Marti

31. 1. 1921 - 11. 2. 2017

Als dichtender Pfarrer stand Kurt Marti in einer langen Tradition. Unverwechselbar in seiner Zunft aber machte ihn sein widerborstiger Sprachgeist, der sich an den Militarismus krallte und dem Neutralitätsmythos der Schweiz die Maske vom nationalistischen Antlitz riss.

»Christliche Dichtung nicht im Museum, sondern an den Autostraßen!« - das war ihm zeitlebens Motto und Anspruch. Umgetrieben vom politischen Tages- und Zeitgeschehen, blieb Marti ein Querdenker, der den Selbstzweifel höher schätzte als die eherne Gewissheit. Auch als reformierter Theologe war er alles andere als konform. Das diesseitige Leben galt ihm ungleich mehr als jede ins Immerdar vertagte Jenseitshoffnung. Das Vaterunser schrieb er um (»Unser Vater, der du bist die Mutter...«) und noch nach Jahrzehnten im Berner Pfarramt warf er die Frage auf, warum es keine »erotische Theologie« gebe.

Als »Dreiviertelkommunist« ist Marti beschimpft worden - und blieb doch stets undogmatisch. Weiter »verlaufe ich mich im Wald der Fragen und Widersprüche«, schrieb der passionierte Spaziergänger einmal: »Also lebe ich noch.« mha

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