Die unbedingte Perfektion

Die neue deutsche Turnhoffnung Lukas Dauser will nach der Silbermedaille bei den Europameisterschaften seine Übungen weiter ausbauen

  • Frank Thomas, Cluj-Napoca
  • Lesedauer: 3 Min.

Seine Schuhe stehen stets wohl ausgerichtet neben den Turngeräten, seine Sporttasche ist immer aufgeräumt. »Irgendwie ist das charakteristisch für Lukas. Er ist Perfektionist durch und durch«, urteilt Cheftrainer Andres Hirsch über sein neues Ass. Nachdem Fabian Hambüchen seine internationale Karriere beendet hatte, Andreas Toba und Andreas Bretschneider nach Operationen ausfielen, schlug nun in Rumänien die Stunde von Lukas Dauser.

Mit einer bestechenden Übung am Barren kämpfte sich der 23-Jährige in Cluj-Napoca auf den Silberrang der Europameisterschaften. Er nutzte seine Chance, während sein Unterhachinger Vereinskollege Marcel Nguyen an seinem Spezialgerät patzte. »Da nur noch zwei Turner nach mir kamen, wusste ich: Wenn die eins aufleuchtet, habe ich die Medaille«, begründete er seinen Jubelschrei nach der Übung. Er freue sich, dass dieser »perfekte Mensch Lukas Dauser für eine perfekte Leistung« belohnt wurde, ließ Andreas Hirsch nach dem Finale wissen.

Bezeichnenderweise hat der Sohn des Cheftrainers einen gehörigen Anteil am Erfolg des neuen, stets zurückhaltenden Vorturners, der zuvor schon als Siebter im EM-Mehrkampf überzeugt hatte. Robert Hirsch, zuvor jahrelang Diagnosetrainer, übernahm nach Olympia im vergangenen Sommer die Aufgabe des verantwortlichen Trainers am Stützpunkt Berlin und durfte nun erste Früchte seiner Arbeit ernten. Mit Philipp Herder und Nils Dunkel gingen weitere seiner Schützlinge bei der EM an die Geräte.

Als Teenager habe es auch mal »heftige Auseinandersetzungen mit dem Vater« gegeben, räumte Robert Hirsch ein. »Aber seit Jahren werden die Probleme jetzt offen ausdiskutiert. Ist doch normal, dass wir auch mal zwei Meinungen haben«, meinte Hirsch junior zum Spannungsfeld mit seinem Vorgesetzten. In Sachen Lukas Dauser seien sie sich aber stets einig gewesen. »Schon vor fünf, sechs Jahren habe ich gedacht: Was für ein geiler Barrenturner. Aus dem kann was werden«, sagte auch Andreas Hirsch in der Stunde des Erfolges.

Dauser selbst freut sich schon jetzt auf eineinhalb Wochen Urlaub nach dem Turnfest Anfang Juni in Berlin, denn die vergangenen Monate mit der kompletten Serie im Mehrkampfweltcup haben ihn an die körperliche Grenzen gehen lassen. Doch nach der kurzen Erholungsphase ruft schon wieder der langfristige Aufbau für die Weltmeisterschaften im Oktober in Montreal, bei der Dauser seine Programme stabilisieren oder sogar aufstocken möchte.

Vorher stehen noch drei Wettkampftage in der Deutschen Turnliga an, bei denen er für das Team von Fabian Hambüchen, der KTV Obere Lahn, eine neue Herausforderung sucht. »Ich war drei Jahre in Straubenhardt, bin zweimal Meister geworden. Der Wechsel ist eine neue Motivation«, bestätigte Dauser, der längst in Berlin heimisch geworden ist. Hambüchen ist für ihn nicht nur Vorbild, sondern in Marketingfragen auch Berater. »Zu Fabi kann ich mit jedem Problem kommen«, sagte er über die Zusammenarbeit mit dem Olympiasieger, der nach seiner Schulteroperation noch ein paar Wettkämpfe mit ihm im Team bestreiten könnte.

Die Grundlagen wurden Dauser von Kurt Szilier bei der TSV Unterhaching vermittelt. Der gebürtige Rumäne betreute einst auch Marcel Nguyen. In fünf Jahren in Berlin ist Dauser nun zu einem Allrounder gereift, der seinen Drang zur Perfektion am besten am Barren ausspielen kann. Gelingt das noch einmal wie in Cluj, ist mit Dauser auch in der WM-Entscheidung gegen die Chinesen und Japaner zu rechnen. dpa/nd

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