Schrumpfende Koalition

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Schon seit Langem war das Klima zwischen Marion Rosin und vielen anderen Abgeordneten der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag ziemlich schlecht. Auch, weil Rosin seit Monaten immer wieder vor allem auf die eigenen Reihen gezielt hatte, wenn sie politisch etwas tat oder nicht tat. Und deshalb ist es bezeichnend, dass zum Beispiel der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Matthias Hey, am Dienstagabend aus den Medien erfahren musste, dass Rosin nicht länger mit den anderen SPD-Abgeordneten in Thüringen arbeiten will - und stattdessen zur CDU-Fraktion im Landtag wechselt. Hey spricht daher am Mittwoch von einer Enttäuschung. Was sehr zurückhaltend formuliert ist. Andere Sozialdemokraten werden da noch viel deutlicher.

Dass Rosin mitsamt ihres Abgeordnetenmandats zur CDU wechselt, ist allerdings weit mehr als ein weiterer Abgeordneten-Wechsel-Fall, durch den sich die Zusammensetzung der Fraktionen im Thüringer Landtag ändert. Die ist ohnehin schon ziemlich breit, neben den Fraktionären von LINKE, SPD, Grünen, CDU und AfD gibt es dort bereits drei fraktionslose Parlamentarier.

Der Wechsel Rosins ist aber nicht zuletzt deshalb brisant, weil er die Mehrheitsverhältnisse im Landtag wieder auf das knappe Niveau verschiebt, mit dem Rot-Rot-Grün Ende 2014 in die laufende Legislaturperiode gestartet war. Durch den Wegfall des Rosin-Mandats in den Reihen von Rot-Rot-Grün hat das Bündnis erneut nur eine Stimme Mehrheit im Landtag. Und zwar eine, die nur dadurch gesichert wird, dass vor wenigen Monaten mit Oskar Helmerich ein Abgeordneter zur SPD-Fraktion hinzugekommen war, der zum Start der Legislaturperiode nicht in ihren Reihen saß. Und weil Helmerich ein Mann ist, der die Thüringer AfD mit gegründet hat und - wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring nun nicht müde wird genüsslich zu betonen.

Darüber hinaus ist der Fraktionswechsel Rosins weit mehr als eine unbedeutende parlamentarische Personalie, weil ihr Abgang mit einem so großen Maß an Bitterkeit begleitet wird - auf Seiten der Ex-Sozialdemokratin (sie hat auch die Partei verlassen) wie auch auf Seiten der Verlassenen. Rosin sagt, sie habe sich nach 18 Jahren SPD-Mitgliedschaft vor allem deshalb zum Wechsel entschieden, weil sie habe erfahren müssen, dass es zwischen Regierungsfraktionen »keine Koalition auf Augenhöhe gibt«. Die Koalition werde »durch die dogmatisch-ideologischen Führungskader der LINKEN geprägt«.

Das wiederum sind Vorwürfe, die Thüringer Sozialdemokaten nicht auf sich sitzen lassen wollen - allen voran nicht Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee. Rosin sei nun »angekommen bei den Wendehälsen«, schreibt er auf seiner Facebook-Seite. Außerdem heißt es dort: Die sozialdemokratischen Werte könne Rosin nie tief verinnerlicht haben. Woran anschließend Tiefensee sogar Rosins Ehemann auffordert, es seiner Frau gleichzutun. Rosin, schreibt Tiefensee, solle ihren Ehemann doch bitte in ihre neue politische Heimat mitnehmen. »Wir jedenfalls brauchen Menschen, die nicht das erste Lüftchen umbiegt. Besser sind die, die Überzeugung und Haltung auch in schwierigen Zeiten bewahren.«

Rosin ist mit dem ehemaligen Thüringer Innenminister und Ex-SPD-Landesvorsitzenden Richard Dewes verheiratet, der seit Langem immer wieder gegen Rot-Rot-Grün agitiert.

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