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Neuer Rekord in Homophobie

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 2 Min.

Es sind nur zwei Beispiele aus den Polizeimeldungen vom vergangenen Wochenende. Ein lesbisches Paar hatte sich an einem Café in Prenzlauer Berg geküsst. Ein Radfahrer hielt an und beschimpfte die Frauen, danach fuhr er weiter. Am frühen Samstagmorgen trafen drei Männer in Schöneberg auf vier andere, die gerade ein Wohnhaus verließen. Einer von ihnen beleidigte die drei homophob und schlug einen 29-Jährigen unvermittelt. Kurz darauf flogen mehrere Glasflaschen in Richtung des Trios. Anschließend holte der Schläger erneut aus und versetzte einem 28-Jährigen einen Kinnhaken. Die Angegriffenen gaben an, nicht homosexuell zu sein.

Berlin war vor 120 Jahren Ausgangspunkt der homosexuellen Emanzipationsbewegung. Am 15. Mai 1897 gründeten Männer und Frauen um den Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee mit dem Ziel, Lesben und Schwulen ein Leben ohne gesellschaftliche Ächtung zu ermöglichen. Doch von diesem Ziel scheint man - auch in Berlin - noch heute weit entfernt.

Die Berliner Polizei zählte 2016 so viele Straftaten gegen queere Menschen wie noch nie: 162 Fälle, 44 mehr als im Jahr davor. Das ergab eine Anfrage des »rbb«, die dieser am Samstag veröffentlichte. Die Gewalttaten stiegen von 44 Fällen im Jahr 2015 auf 64 Fälle im Jahr 2016. Auch Sachbeschädigungen und Beleidigungen nahmen zu: 96 Fälle statt 72 wie 2015.

Die Polizei schätzt allerdings, dass dies nur ein kleiner Ausschnitt aus der Realität ist: Die Dunkelziffer in diesem Bereich sei überdurchschnittlich hoch und liege bei 80 bis 90 Prozent, sagte Maria Tischbier dem »rbb«. Sie ist Ansprechpartnerin bei der Polizei für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Menschen. Tischbier gab allerdings zu bedenken, dass die gestiegene Zahl nicht unbedingt bedeute, dass mehr passiert sei, sondern dass auch mehr Menschen Anzeige erstattetet haben können.

Am Dienstag will das Anti-Gewalt-Projekt Maneo eigene Zahlen vorstellen und seinen jährlichen Report an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses übergeben. Die Zahlen von Maneo waren 2015 mehr als doppelt so hoch wie die der Polizei: statt 118 Fälle registrierte das Projekt 259 Fälle in Berlin.

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