Staatsanwaltschaft beantragt Aufhebung von Petrys Immunität

Sagte die AfD-Chefin 2015 vor dem Wahlprüfungsausschuss des sächsischen Landtags falsch aus? / Dresdner Justiz will Weg für Anklage wegen Vorwürfen des Meineids freimachen

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Dresden. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat beim sächsischen Landtag die Aufhebung der Immunität von AfD-Chefin Frauke Petry beantragt. Hintergrund seien Anschuldigungen wegen Meineides, sagte Landtagssprecher Ivo Klatte am Montag. Sollte der Landtag dem Antrag folgen, wäre der Weg für eine Anklage frei.

Petry ist Abgeordnete im Landtag in Dresden sowie auch AfD-Bundes- und Landesvorsitzende. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit mehr als einem Jahr wegen Meineides oder fahrlässigen Falscheides gegen sie. Hintergrund sind widersprüchliche Aussagen von ihr und dem AfD-Schatzmeister Carsten Hütter vor dem Wahlprüfungsausschuss des Landtages im Zusammenhang mit der Aufstellung der Kandidatenliste zur Landtagswahl 2014. Daraufhin waren zwei Strafanzeigen gegen Petry gestellt worden.

Die Geschichte hinter den Ermittlungen ist verworren: Auslöser war ein Streit um die Listenaufstellung zur Landtagswahl auf einer Parteiversammlung in Weinböhla. Zunächst konnte der AfD-Politiker Arvid Samtleben mit Platz 14 eine aussichtsreiche Position erkämpfen, mit der er heute im sächsischen Landtag sitzen würde, hätte ihn der Parteivorstand nicht zwei Monate vor der Wahl von der Liste gestrichen. Samtleben behauptete, seine Kandidatur sei verhindert worden, weil er sich geweigert habe, der Partei ein privates Darlehen zu gewähren. Im Fall einer erfolgreichen Wahl wäre das Darlehen laut des Vertrags automatisch in eine Spende umgewandelt worden, so Samtleben. Für die Plätze eins bis zehn ging es dabei um 3000 Euro, für die hinteren Plätze wurden 1000 Euro fällig.

Petry sagte später vor dem Wahlprüfungsauschuss, sie selbst habe keinen Darlehensvertrag unterschrieben. Stattdessen habe ihr damaliger Ehemann dem sächsischen Landesverband eine Spende zukommen lassen. Möglicherweise aber hatte es doch einen von Petry als Darlehensgeberin unterschriebenen Vertrag gegeben. Dies könnte nun von der Staatsanwaltschaft als Falschaussage gewertet werden.

Dem Sprecher des Landtages zufolge wurde bereits Ende vergangener Woche die Aufhebung von Petrys Immunität beantragt. Der zuständige Ausschuss des Parlaments werde noch in dieser Woche über das weitere Vorgehen beraten. Mit einer Entscheidung sei aber frühestens Ende August zu rechnen, sagte Klatte. Petry selbst erfuhr nach Angaben des sächsischen AfD-Generalsekretärs Uwe Wurlitzer aus der Presse von dem Antrag.

Petry habe sich bereits umfassend bei der Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen geäußert, sagte der Generalsekretär der sächsischen AfD, Wurlitzer. Ihr sei jedoch bisher nicht mitgeteilt worden, »was nun
den Gegenstand der Untersuchung bilden soll«. Sie sehe dem weiteren Verfahren mit Gelassenheit entgegen, »da sie sich sicher ist, keine Straftat begangen zu haben«.

Die Staatsanwaltschaft hatte sich im Mai vergangenen Jahres zunächst gegen ein Ermittlungsverfahren entschieden. Die Begründung, dass der Wahlprüfungsausschuss keine zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle im Sinne des Strafgesetzbuches sei, war jedoch kurz darauf von der Generalstaatsanwaltschaft kassiert worden. Die Ermittlungen gegen Hütter waren vor fünf Wochen eingestellt worden. Ihm habe man kein strafbares Verhalten nachweisen können, hieß es zur Begründung.

Die Spitze der Bundespartei stellte sich zunächst hinter Petry. »Die Beantragung der Aufhebung der Immunität von Frauke Petry spielt bei unserer Beurteilung der Lage keine Rolle«, sagte AfD-Vize Alexander Gauland. »Wir stehen zu ihr, es gilt die Unschuldsvermutung«, fügte Gauland hinzu, der die Partei gemeinsam mit Alice Weidel in den Bundestagswahlkampf führen soll. Petry ist zur Zeit noch im Mutterschutz. Sie hatte vor einem Monat ihr fünftes Kind zur Welt gebracht. Agenturen/nd

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