World Pride in Zeiten des Terrors

In Madrid feiern Schwule und Lesben eine Woche lang - unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen

  • Heinz Krieger
  • Lesedauer: 3 Min.

Es soll ein Volksfest werden, wenn sich ab Freitag bis zum 2. Juli Homosexuelle und Lesben aus der ganzen Welt in Madrid treffen. Ein vielfältiges Programm ist angesetzt. Die spanische Hauptstadt soll beim World Pride 2017 zum Ort der lauten, bunten, freudigen und toleranten Begegnung werden - friedlich, versteht sich.

Urlaubssperre für Polizei

Dass alles friedlich abläuft, dafür sollen zusätzliche Polizeikräfte sorgen, die zu dem Treffen nach Madrid abkommandiert worden sind. Für die große Parade am 1. Juli, zu der die Veranstalter eine Million Teilnehmer erwarten, sind zusätzlich tausend Polizeibeamte abgestellt worden. Für die Madrider Polizei wurde eine Urlaubssperre verhängt. Die Notrufzentrale 112 wird verstärkt besetzt. Sie koordiniert auch medizinische Rettungseinsätze. Die könnten durchaus nötig werden, denn der Wetterdienst sagt für Madrid am Eröffnungstag des Treffens 36 Grad und in den Folgetagen auch Temperaturen über der 30-Grad-Marke voraus.

Mit Großereignissen wird die Madrider Polizei fertig, denn man hat Erfahrung. In diesem Jahr kommt aber eine weitere Gefahrenlage hinzu. In Spanien herrscht wegen andauernder terroristischer Bedrohung eine hohe Sicherheitsstufe. Bei jedem großen Ereignis werden mehr Polizisten, Agenten und auch Soldaten zum Schutz aufgeboten als in normalen Zeiten. Derzeit gilt die hohe Risikostufe vier. Fünf wird erst ausgerufen, wenn es einen Hinweis auf ein konkret geplantes Attentat gibt.

In den kommenden Tagen wird die Polizeipräsenz auf den Straßen im Zentrum von Madrid deutlich verstärkt. Bewaffnete Streifen werden in den Bahnhöfen der Fern- und der Vorortbahn patrouillieren, ebenso in den U-Bahnstationen und Busterminals. In Spanien hat man die Lehren aus den Attentaten in vier Madrider Vorortzügen im März 2004 gezogen, bei denen damals 193 Menschen durch Bomben starben und 2000 verletzt wurden. Seither ist auch die Akzeptanz von Polizeipräsenz und häufigen Kontrollen bei den Madridern gestiegen. Mehr Sicherheit wird es auch am Flughafen geben. Während der kommenden Tage wird die Innenstadt von Madrid zu bestimmten Zeiten für schwere Lastkraftwagen gesperrt - ein Vorfall wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt soll verhindert werden.

Drei Dschihadisten festgenommen

Als »kritischen Moment« betrachten die Sicherheitskräfte dieses Ereignis, vor allem wegen der Anschläge in anderen europäischen Großstädten in diesen Tagen. Die dschihadistische Szene in Spanien wird noch genauer beobachtet als sonst. Erst am Mittwoch sind in Madrid drei zur radikalislamistischen Szene gehörende Männer festgenommen worden, alle kommen aus Marokko. Ein 32-Jähriger wird von der Polizei als »sehr gefährlich« beschrieben, er soll enge Kontakte zum so genannten Islamischen Staat haben und ein ähnliches Persönlichkeitsprofil haben, wie die Attentäter von Paris und Brüssel. Er soll angeblich versucht haben, die beiden anderen Marokkaner zu Selbstmordanschlägen zu überreden.

Gewinn und Kosten

Ein Ereignis wie World Pride mit zigtausenden Besuchern aus aller Welt findet auch einen wirtschaftlichen Niederschlag. Mit Einnahmen von bis zu 300 Millionen Euro (325 Millionen Franken) rechnet man, vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe. Andererseits kostet das Ereignis auch viel Geld für die Sicherheit und für verstärkte Dienstleistungen. So werden allein für das 24-stündige Offenhalten der Madrider Metro mit den meisten U-Bahn-Linien am Tag der großen Parade am 1. Juli Kosten von 880 000 Euro veranschlagt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal